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Die Zeiten ändern sich, aber manches bleibt gleich: John Denson z.B., der Hippie-Privatdetektiv aus Seattle, Washington. Mittlerweile fast fünfzig, trägt er immer noch eine Pferdeschwanzfrisur, raucht Pot, zitiert Castaneda, gluckert billigen Wein und knuspert an fast allen Damen rum, die seinen Weg kreuzen. John Denson hat eine CIA-Vergangenheit, die der Halbschatten der Geschichte verdeckt, und versuchte sich als Journalist in Honolulu und in Seattle, bevor er Privatdetektiv wurde. Fälle nimmt er nur an, wenn sie ihn auch interessieren. Bei der Aufklärung behilflich ist ihm der Indianer Willie Prettybird - ein Schamane, der angeblich mit toten Tieren kommunizieren kann: Wenn du mit Rationalität nicht weiterkommst, öffne deine Seele, verlasse deinen Körper und folge den Geistern - im Zweifelsfall weisen halluzinogene Pilze deinen Weg.
Denson hat seinen ersten Auftritt im Jahre 1980 - sieben Jahre, nachdem der wohl erste Hippie-Detektiv der Kriminalliteratur die Bühne betrat: Moses Wine von Roger L. Simon. Beide Figuren sind etwa gleich alt und leben an der amerikanischen Westküste: Wine in Kalifornien, John Denson in Seattle, Washington. Densons Wirkungskreis führt ihn teilweise bis nach Oregon - gewissermaßen in unmittelbare Nachbarschaft zu Moses Wine. Und noch eins ist den beiden PI-Serien gemein: Es würde wohl niemand auf die Idee kommen, die Bücher mit dem Label "hardboiled" zu etikettieren.
Mittlerweile ist mit »Pony Girls« der neunte Denson-Roman erschienen, in dem sich der PI mit einer Mordserie an Pferden rumschlägt. Denson bekommt Hilfe von unerwarteter Seite - von einem deutschen Privatdetektiv aus Baden-Baden. Die Idee zur Figur kam Hoyt während eines Gesprächs mit einem deutschen Leser, den er in einer Bar auf den Philippinen kennen lernte. Der Detektiv heißt Wolfgang Strehmel - der Name, so schrieb uns Hoyt, ist einem Polizeibeamten geschuldet, der ihm per E-Mail mit einigen Informationen half.
Autor Richard Hoyt, Jahrgang 1941, wuchs auf auf einer Farm in der Nähe von Umatilla in Oregon. Er studierte Journalistik und Amerikanistik in Oregon und Hawaii, hat bei der Spionageabwehr der US-Army gedient und sich einige Jahre als Journalist verdingt. Schließlich unterrichtete er Journalismus und Medienkunde an mehreren Colleges.
Neben seinen John Denson-Romanen, von denen kürzlich in den USA der achte Band erschienen ist, hat Richard Hoyt noch eine zweite Serie geschrieben - eine eigentümliche Mischung aus Polit- und Actionthrillern. Hauptfigur der Reihe ist James Burlane, ein ehemaliger CIA-Agent. Burlane war bei der Firma rausgeflogen, da man den Einzelgänger für wenig vertrauensvoll hielt. Mittlerweile verdingt er sich als Freelancer unter dem nom de guerre Major Syd Khartoum und legt sich von kolumbianischen Drogenhändlern über die japanische Yakuza und den chinesischen Triaden bis hin zu arabischen Terroristen (Jahre vor den Anschlägen vom 11. September) mit nahezu allen organisierten Finsterlingen an, die der Globus gegenwärtig zu bieten hat.
Burlane ist weniger James Bond als ein fahrenden Ritter - ein Don Quixote, der weltweit für das Gute kämpft und,selbstredend, obsiegt. Die Romane sind getränkt mit schwarzem Humor (ein Undercover-Drogenfahnder wird an einen Dobermann verfüttert, der pikanterweise auf den Namen "Marimba" hört, einen in Miami üblichen Slangausdruck für Koks), aber jedes Buch diskutiert ein ernsthaftes Thema - teilweise so ernsthaft, dass einzelne Bücher von der Kritik als überambitioniert bekrittelt wurden: »Tyger, Tyger!« etwa, eine Mischung aus Ökothriller und Serial-Killer-Roman, in dem Burlane um die halbe Welt flitzt im Kampf gegen die Ausrottung der Tiger, deren Knochen und Hoden in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet werden. Auf wenig positive Resonanz stieß auch der Burlane-Roman »Blood of Patriots«, den Richard Hoyt gemeinsam mit dem Kongress-Abgeordneten Neil Abercrombie (Hawaii) verfasste: Abercrombies Insiderkenntnisse gäben dem Thriller um ein blutiges Attentat auf den amerikanischen Kongress zwar eine gewisse Authentizität, aber, so empfahl etwa Publishers Weekly, der Abgeordnete solle seine politische Karriere lieber nicht gegen eine literarische eintauschen, und Hoyt wieder zu seinen Soloprojekten zurückkehren, die er allemal besser beherrsche.
Ein Roman fällt etwas aus der Burlane-Reihe: der eigenwillige Soccer-Krimi »Red Card«, der in Deutschland vielleicht von Hoyts Büchern am bekanntesten wurde: Kurz vor Beginn der WM 1994 in den USA versendet ein Killer gelbe Verwarnungskarten - nachdem er einige Spieler fachgerecht niederstreckte, folgen per Post die roten Karten. Im Auftrag des Fußballweltverbandes soll Burlane verhindern, dass sich weitere Karten in der Post finden - vor allem rote.
Abgesehen von den Romanen um den Privatdektiv John Denson, spielen die Bücher Richard Hoyts zumeist an exotischen Schauplätzen, etwa Hongkong (»Dragon Portfolio«), Russland (»Head of State«), den Philippinen (»Old Soldiers Sometimes Lie«) oder Vietnam (»Vivienne«). "Hoyt schreibt, damit er reisen kann, und er reist, damit er Bücher schreiben kann", schrieb die Zeitung Register Guard (Eugene, Oregon) über den Autor, der jeden Kontinent der Erde ausgiebig bereist hat.
Richard Hoyt lebt mittlerweile mit Frau und Tochter auf den Philippinen. Neben den beiden Reihen hat er noch mehrere Standalone-Thriller und zwei Romane unter dem Pseudonym Nicholas Van Pelt geschrieben.
John Denson-Romane: | ||
Decoys [New York: M. Evans, 1980] |
1980 |
Lockente [Frankfurt/M.: Ullstein, 1981] |
30 for a Harry [New York: M. Evans, 1981] |
1981 |
Schweigegeld für Harry [Frankfurt/M.: Ullstein, 1983] |
The Siskiyou Two-Step [New York: William Morrwo, 1983] [New York: Tom Doherty, 1984 unter dem Titel »Siskiyou«] |
1983 |
Denson [Frankfurt/M.: Ullstein, 1986] |
Fish Story [New York: Viking, 1985] |
1985 |
Fischzug [Frankfurt/M.: Ullstein, 1987] |
Whoo? [New York: Tom Doherty, 1991] |
1991 | |
Bigfoot [New York: Tom Doherty, 1993] |
1993 | |
Snake Eyes [New York: Forge, 1995] |
1995 | |
The Weatherman's Daughters [New York: Forge, 2003] |
2003 | |
Pony Girls [New York: Forge, 2004] |
2004 | |
James Burlane-Romane: | ||
Trotzky's Run [New York: William Morrow, 1982] |
1982 |
Trotzkis Rückkehr [Frankfurt/M.: Ullstein, 1986] |
Head of State [New York: Tom Doherty, 1985] |
1985 | |
The Dragon Portfolio [New York: Tom Doherty, 1986] |
1986 |
Drachengold [Frankfurt/M.: Ullstein, 1987] |
Siege [New York: Tom Doherty, 1987] |
1987 |
Der Affenfelsen [Frankfurt/M.: Ullstein, 1990] |
Marimba [New York: Tom Doherty, 1992] |
1992 |
Marimba [Reinbek: Rowohlt, 1993] |
Red Card. A Novel of World Cup [New York: Forge, 1994] |
1994 |
Spielen und töten [Reinbek: Rowohlt, 1994] |
Japanese Game [New York: Forge, 1995] |
1995 | |
Blood of Patriots (mit Neil Abercrombie) [New York: Forge, 1996] |
1996 | |
Tyger! Tyger! [New York: Forge, 1996] |
1996 |
Andere: | ||
The Manna Enzyme [New York: William Morrow, 1982] |
1982 |
Castros Coup [Frankfurt/M.: Ullstein, 1983] |
Cool Runnings [New York: Viking, 1984] |
1984 |
Cool Runnings [Frankfurt/M.: Ullstein, 1987] |
Darwin's Secret. A Novel of the Amazon [New York: Doubleday, 1989] |
1989 | |
Vivienne [New York: Forge, 2000] |
2000 | |
Old Soldiers Sometimes Lie [New York: Forge, 2002] |
2002 | |
Sonja's Run. Colonel Cut and the Romanov Rubies [New York: Forge, 2005] |
2005 |
Als Nicholas Van Pelt: | ||
The Mongoose Man [New York: Forge, 1998] |
1998 | |
Stomp! [New York: Forge, 1999] |
1999 |
Viele Romane Hoyts sind ebenfalls in Großbritannien erschienen. Leider spucken die Datenbanken der British Library, der National Library of Scotland und des Britischen Bibliotheksverbundes zu fast jedem Titel andere Datensätze aus, weshalb wir auf eine Listung der britischen Ausgaben verzichtet haben. Die Angaben scheinen uns in diesem Fall auch entbehrlich, denn alle britischen Ausgaben tragen die gleichen Titel wie die amerikanischen, und sind nicht vor den US-Büchern erschienen.
© j.c.schmidt, 2003
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