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Leseprobe: Bernhard Hüttenegger - "Der Glaskäfig."

André, der Wirt, lief zwischen der Schank und der Tür hin und her, steckte den Kopf ins Freie und hielt Ausschau. Mit übertriebener Fürsorge betreute er zwischendurch in einem Nebenraum eine Stammtischrunde von alten Weiblein, neckte das eine am Weinglas nuckelnde Tantchen, tätschelte das andere, an einem Kipferl lutschende Großmütterchen, brachte diese oder jene Oma mit einem Scherz von harmloser Anzüglichkeit zum Lachen, worauf er einen spielerischen Tadel einzuheimsen hatte, welcher jedoch Dank und Lob seiner Zuneigung bedeutete, so dass die ganze Runde fröhlich gackerte und zufrieden kicherte und insgesamt das lebendige Bild vom glücklichen Alter und der tüchtigen (gastronomischen) Jugend bilderbuchhaft darstellte. Der Schein zweier Kerzen, zwischen den Kaffeeschalen und Kuchentellern und sternförmig angeordneten Fichtenzweiglein, entzündete auf den Gesichtern der alten Frauen einen mädchenhaften Glanz, flackernd im Rhythmus ihrer Heiterkeit und Ausgelassenheit, die trotz allem sanft und vorsichtig war, wie man etwa ein filigranes Gefäß behutsam, nicht energisch auf den Tisch stellt; sie liebten die groben Scherze und derben Witze des Weinstubenwirts, das freundschaftliche Anrempeln, das gesellige Grapschen und Tapsen, wenngleich sie sich in schlecht karikierter jungfräulicher Scham zierten und abwandten, glucksend und prustend, ein bisschen wollüstig sogar, als wollten sie zeigen und ahnen lassen, dass sie nicht immer von so durchsichtiger Zerbrechlichkeit waren, aufregende Handgreiflichkeiten wohl auszuhalten wussten, früher, aber jetzt dehnte sich der Geifer des einen Großmütterchens fadenförmig-elastisch vom schlaffen Mundwinkel zum Weinglasrand und wollte nicht abreißen, so dass zwei Finger als zittrige Schere aushelfen mussten, und das andere Tantchen ließ eine Kaffeeschale klirrend zu Boden fallen, weil der Tischrand gerade ein paar Zentimeter zu weit entfernt war, und jener Oma entwich gar ein kleiner quietschender Schwefelwind ... und André musste einen neuen Gast bedienen.

© 2009 Kitab Verlag, Klagenfurt, Wien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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