Dann kommt sie wieder einmal heim, sie kommt zurück aus der Stadt, von andringendem Schönen und Bösen, von zugreifenden Ansprüchen, denen sie sich nicht mehr gewachsen fühlt. Sie ist jetzt nur müde. Erschöpft.
Sie geht die Straße hinauf und sieht das Haus liegen. Die gelbe Rose vorm Wohnzimmerfenster steht in Blüte. Cvijeta hat die Fenster geöffnet, es wird ein schöner Tag.
Sie sperrt das Tor auf, da liegt der Garten in seinem Frieden. Sie stellt die Tasche ab und geht gleich in den Garten, holt sich Bast und Schere, weil die schnell wachsenden Ranken der Kletterrose schon wieder aufgebunden werden müssen.
Sie reckt sich zum Aufbinden, bückt sich zum Jäten, bettet eine verirrte Krokuszwiebel zurück in die warme Erde.
Dann schaut sie endlich auf, steht rastend da. Blick übers Wiesengrün und dort das Haus mit seinen sich öffnenden Seitenflügeln. Das Haus liegt da in seiner ruhigen Heiterkeit, und jetzt ist ihr, als hätte sie es so noch nie gesehen; als ein schönes Fremdes. Ein Haus von eigenen Gnaden, und nicht das Haus, dem sie wieder ins Leben half. Auch, als wäre sie darin nie zuhause gewesen, als warteten dort auf sie nicht Tisch und Bett und ein ruhiger Schlaf.
Sie sieht das fremde, lächelnde Haus und lächelt auch. Hoch am Himmel kreisen lautlos die letzten Schwalben. Und wie wenig sie weiß.
(S. 138f)
© 2009 Literaturverlag Droschl, Graz-Wien.