Ich hatte den Abgeordneten natürlich ansprechen wollen, als ich - man muss Prioritäten setzen im Leben - die Käswurst-Semmel verzehrt hatte und wieder in die Haupthalle zurückgekehrt war. Aber er steuerte bereits eilenden Schrittes auf den Haupteingang zu, war schon durch und ließ sich sofort in seinen schweren, dunkelblauen BMW fallen, der praktischerweise auf einem Behindertenparkplatz direkt vor dem Eingangsbereich stand. Ich dagegen musste zu meinem Ford Granada, zu meinem Klassiker, dem mittlerweile das Pickerl von Jahr zu Jahr nur mehr gnadenhalber verlängert wurde, erst einige Meter über den dünnen, grauen, schmierigen Schnee laufen, bevor ich daran denken konnte, ihm zu folgen. Im Winter war es überhaupt jedes Mal ein Vabanquespiel, die Zündung noch einmal in Gang zu bringen. Selbst im Sommer sprang der Motor nur mehr an, wenn man das Gaspedal und die Kupplung gleichzeitig durchdrückte und nach vier, fünf Sekunden den Zündschlüssel mit einem Stoßgebet umdrehte. Vorzugswiese die Jungfrau Maria oder Judas Thaddäus halfen hier. Der Winter biss in den Motor, aber der kleine Starter brachte das Werkel wieder einmal zum Laufen. Wie ein Traktor begann sich der schwere Granada beharrlich über die vom Schnee verschmierte Fahrbahn zu schieben. Aus immer größer werdender Entfernung sah ich, dass der Abgeordnete offenbar schon auf der Messestraße das Gaspedal seines großen, schweren Wagens voll ausreizte. Kunststück, der Bursche war immun. In die Porschestraße bog er über den Streusplitt schlitternd ein und spätestens in der Obergrafendorfer Straße hätte er mich sowieso längst abgehängt gehabt. Irgendwie war das für diesen Fall symptomatisch, in dem mir bisher alles zu schnell gegangen war, angefangen von Horst Heiders Stippvisite bis zu einem rasenden Parlamentarier, der sich vor lauter Angst für einen der beiden Schumachers hielt oder gleich für alle beide.
(S. 13f)
© 2006 Haymon Verlag, Innsbruck-Wien.