logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   

Dezember
Mo Di Mi Do Fr Sa So
48 26 27 28 29 30 01 02
49 03 04 05 06 07 08 09
50 10 11 12 13 14 15 16
51 17 18 19 20 21 22 23
52 24 25 26 27 28 29 30
1 31 01 02 03 04 05 06

FÖRDERGEBER

  BMUKK

  Wien Kultur

JAHRESSPONSOR

  paperblanks
kopfgrafik mitte

Wolf Haas: Auferstehung der Toten.

Reinbek: Rowohlt, 1996.
(Thriller 3244).
153 S., brosch.; DM 9,90.
ISBN 3-499-43244-7.

Link zur Leseprobe

Nur wenige Texte können ein derart gelungenes Zusammenspiel von Hauptfigur, Erzähler und Autor verbuchen wie der erste Teil der Krimitrilogie (Auferstehung der Toten, 1996 - Der Knochenmann, 1997 - Komm, süßer Tod, 1998) von Wolf Haas. Der Grantler, der Gschaftlhuber und der Germanist ergeben in der Kombination ein unschlagbares literarisches Team.

Der Grantler ist Detektiv im gegenständlichen Kriminalfall. Zell am See: Ein amerikanisches Ehepaar ist unter mysteriösen Umständen tot im Sessellift aufgefunden worden, die zuständigen Ermittlungsbeamten kommen in der Recherche nicht voran. Erst der Expolizist Brenner, würdige Bereicherung des internationalen Repertoires kriminalistischer Antihelden von Studer, Maigret bis Columbo und Co., bringt in seiner Langsamkeit Schwung in die Nachforschungen um Zusammenhänge und Hintergründe im Familienclan des Lokalmagnats, des sogenannten "Vergolders". Im Zuge seiner ermittlerischen Arbeit lernen wir ihn kennen und schätzen, den Mann mit den Migräne-Attacken, dem feinen psychologischen Gespür und der "Buwog-Wohnung", von der verschiedene Damenbesuche einhellig feststellen, sie habe "irgendwie überhaupt keine Atmosphäre" (S. 27).

Als "Gschaftlhuber" hat den Erzähler sein Autor selbst in einem Interview charakterisiert. Tatsächlich verrennt sich jener andauernd in alle möglichen Nebensächlichkeiten, was dem Handlungsverlauf eine geradezu gnadenlose Unmenge an retardierenden Momenten beschert. Dennoch hört man ihm gerne zu, dem weit ausholenden und schwer festzumachenden Erzähler, der so etwas wie die sprichwörtliche "österreichische Seele" repräsentiert und in oft erschreckend authentischer Weise als deren Sprachrohr fungiert. Gemeinplätze, Binsenweisheiten und Halbwahrheiten eröffnen einen Kosmos des Alltäglichen, doch scheint dem Erzähler auch immer wieder daran gelegen, stimmungsvolle Untermalungen zu schaffen wie ein Bänkelsänger, der "die Moritat von Zell" überliefert.

Das Umkreisen des Plots geht allerdings nie so weit, die Gattung kippen, den Krimi zum Anti-Krimi werden zu lassen. Letztendlich lösen den Fall Brenners Sturheit und seine Intuition, und damit wären wir beim dritten Beteiligten, dem Germanisten. Als Brenner in der Lokalblatt-Schlagzeile "Auferstehung der Toten" deklinierend ("Weil zu was haben wir eine Grammatik.", S. 151) die Fälle durchspielt, rückt die Lösung des Falls näher. Es geht ihm auf, daß "der Toten" nicht nur ein Genitiv Plural (auf die ermordeten Amerikaner bezogen) sein kann, sondern ebenso ein Genitiv Singular - und mit der "Auferstehung" einer gewissen tot Geglaubten hat Brenner den Schlüssel zum Komplott in der Hand. "Der Duden-Detektiv" (S. 151), wird Brenner darauf spöttisch vom Journalisten und Schöpfer der Schlagzeile tituliert. Und selbstironisch mag der Autor, der über die sprachtheoretischen Grundlagen konkreter Poesie promoviert hat, damit auch auf sein durch und durch sprachbewußtes Schreiben anspielen.

Daß eine konsequent über drei volle Seiten durchgehaltene Dialogpassage, die knappe Aussagen pingpongartig zwischen "Sagt der Brenner:" und "Sagt der Lorenz:" plaziert (S. 63ff.), das Lektorat einer sprachlich eher im Mainstream angesiedelten Krimireihe passiert hat, bezeugt die letztendliche Honorierung unkonventionellen Schreibens, wenn die Methode stimmig ist. Haas' in eine ziemlich gute Story verpackte Dokumentation sprachlichen Lokalkolorits ist lexikalisch wie syntaktisch eine Fundgrube, ist kühne, gekonnte und durchdachte Verschriftlichung alltäglicher unprätentiöser "oral literature". Der Autor soll diese spezifische Art zu schreiben während eines längeren Auslandsaufenthaltes entwickelt und kultiviert haben. Nur in der Ferne, nur aus der Distanz sei diese Art der österreichischen "Parole" schreibbar. Unter diesem einen Aspekt ist zu bedauern, daß Wolf Haas inzwischen nach Wien zurückgekehrt ist.

Petra Nachbaur
19. März 1998

Suche in den Webseiten  
Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
SLAM B

Fr, 11.01.2013, 20.00 Uhr Poetry Slam Über 160 SlammerInnen – im Alter zwischen 14 und 77 Jahren...


Ausstellung
Herbert J. Wimmer ROTOPOST ROTOSPOT

LICHT & LITERATUR AUFNAHMEN 16.01.2013-21.03.2013


Tipps
flugschrift

Ein Zeitschriftenprojekt des Autors Dieter Sperl in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Wien und...


Der Erich Fried Preis 2012 ging an Nico Bleutge

Der deutsche Dichter Nico Bleutge erhielt am 25. November den mit 15.000 Euro dotierten Erich...