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Gabriele Vasak: Mauersegeln.

Roman.
Wien: Milena, 1998.
155 S., geb.; öS 198.-.
ISBN 3-85286-056-3.

Link zur Leseprobe

Gabriele Vasaks Romandebüt widmet sich einem Thema, das den Alltag der meisten Menschen wesentlich prägt, in der Literatur aber nicht allzu oft vorkommt: der Erwerbstätigkeit. "Mauersegeln" erzählt von den beruflichen Alltagserfahrungen einer jungen Frau; der langwierigen Arbeitsplatzsuche, den Anfangsschwierigkeiten in der uneuphorisch angenommenen Stelle, frauenfeindlichen Spielchen der männlichen Kollegen - bis die Protagonistin das Heft selbst in die Hand nimmt.
Ganz nach dem Wort A. E. Dickinsons, das dem Roman vorangestellt wird: "The world belongs to those who take it."

Der Text ist in 26 Kapitel gegliedert und folgt in seiner Erzählperspektive dem Erleben der Hauptprotagonistin. Diese bleibt den ganzen Roman hindurch namenlose "Sie". Sie steht für all die anonymen kleinen und mittleren Angestellten, die keine großen beruflichen Träume verfolgen, aber an den täglichen narzistischen Verletzungen, die die Arbeitswelt ihnen zumutet, leiden.

Die Arbeitssuche ist der Beginn der zahlreichen Kränkungen: Die junge Stellenbewerberin ist schockiert über die Zumutungen potentieller Arbeitgeber, und die Stelle, die sie schließlich antritt, ist alles andere als ein Traumjob: Die Büroräumlichkeiten wirken verwahrlost und schmierig, die zukünftigen Arbeitskollegen unsympathisch. Allerdings sprüht auch die junge Brufseinsteigerin nicht vor Charme; nach dem hoffnungsvoll endenden Erstgespräch wünscht sie, gar nicht hergekommen zu sein; und nachdem sie erfährt, tatsächlich die Stelle zu bekommen, reagiert sie "bedrückt".

Dementsprechend niedergeschlagen verbringt sie ihre ersten Arbeitswochen. Sie weiß längere Zeit nicht, was ihr konkreter Aufgabenbereich ist, ist unfähig, Kontakt zu ihren Arbeitskollegen herzustellen, kann sich auch nicht abgrenzen, als von den männlichen Geschäftsführern arbeitsintensive und kaum honorierte Zusatzleistungen gefordert werden. Einziger Lichtblick in der tristen Bürowelt ist der Mauersegler, den sie vor ihrem Fenster sieht.

Dieser Vogel ist charakterisiert durch seinen ungemein kräftigen, gewandten und ausdauernden Flug in meist großer Höhe, auf dem Boden ist er fast unfähig sich zu bewegen; jedoch sein Schrei klingt schneidend und gellend, Ornithologen beschreiben den Mauersegler als zänkisch und herrschsüchtig, bei Angriffen nützt er seine scharf bekrallten Zehen.

Der Mauersegler ist nicht nur Hoffnungsträger für die Protagonistin, er symbolisiert gleichzeitig ihre Wandlungsfähigkeit: So plump und schwerfällig sie sich anfangs im neuen beruflichen Umfeld bewegt, so elegant, angriffslustig und wehrhaft brilliert sie im letzten Drittel des Romans. Was ist geschehen?

Das zehnjährige Betriebsjubiläum erlebt die junge Angestellte als alptraumhafte Groteske, flüchtet endlich vor dem Szenario, um in einen quälenden Angsttraum zu schlittern: Schweißgebadet erwacht sie, läßt ihre bisherigen Berufserlebnisse Revue passieren und weiß, "daß von nun an alles anders sein würde" (S. 101). Sie macht einen Tag blau, kommt am folgenden Tag deutlich zu spät zur wöchentlichen Bürobesprechung, und das nicht mehr bescheiden im dezenten knöchellangen, blauen Kleid, sondern im knallroten Mini. Die Vorwürfe der Geschäftsführer pariert sie gekonnt und gutgelaunt. So wurde aus der verschüchterten "Befehlsempfängerin" (S. 72) eine kämpferische, eigenverantwortliche Angestellte mit "Barracudalächeln" (S. 130).

Bislang immer auf öffentliche Verkehrsmittel, Taxis oder Mitfahrgelegenheiten angewiesen, sitzt sie nun selbst hinterm Steuer; Kleidung und Make-up, zuvor auf perfekte Zurückhaltung ausgerichtet, setzt sie nun bewußt als Blickfang ein, macht optisch wie akustisch laut auf sich aufmerksam, kommt zu spät, gähnt provokant in den Vortrag eines Geschäftsführers, kurz: sie hat aufgehört, das brave Büromädchen zu sein.

"Mauersegeln" ist kein psychologisch argumentierender Roman, sein Erzählstil ist sachlich, die Bildwelt des Textes ist knapp, aber treffend: So gelingt es Gabriele Vasak, Arbeitsbedingungen, mit denen besonders junge Berufseinsteigerinnen kämpfen, analytisch darzustellen.

Petra Rainer
4. Juni 1998

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