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Bernhard Moshammer: Die Zukunft wird kein Honiglecken.

Ein Familienroman.
Wien: Milena Verlag, 2012.
221 Seiten; broschiert; Euro 17,9.
ISBN: 978-3-85286-226-2.

Leseprobe

Autor

Pangäa war der letzte Superkontinent, der sich im Erdmittelalter gebildet hat. Große Tiere, wie Dinosaurier, und übergroße Flora waren anzutreffen. Doch schon bald brach der Megakontinent in zwei, später in mehrere Teile auseinander. Und bildete über Jahrmillionen die Welt wie wir sie heute kennen.
Über ein ähnliches Auseinanderdriften, nämlich das einer Mittelstandsfamilie, erzählt der in St. Pölten geborene Bernhard Moshammer in seinem Familienroman „Die Zukunft wird kein Honiglecken“, der im Wiener Milena Verlag erschienen ist. Moshammer, Jahrgang 1968, hat bisher zwei Romane veröffentlicht. Daneben ist er Musikschreiber für das Wiener Burgtheater und hat als Musikproduzent etwa mit Patti Smith zusammengearbeitet.

Doch nun zum Plot seines neuen Werkes: Lutz und Lotte, beide Mitte 40, scheinen mit ihrem 16-jährigen Sohn ganz glücklich zu sein. Lutz ist Dramaturg im Wiener Burgtheater und Lotte ist Lebensberaterin. Beide gebildet und längst im Mittelstand angekommen. Doch diese Familienidylle bekommt erste Risse. Als Lotte den späten Nachkömmling Jura bekommt, fühlt sie sich nicht mehr als Frau. Da Lutz quasi die „Mutter“-Rolle übernommen hat. Es kommt daraufhin zum Streitgespräch mit einer folgenreichen Wendung: Lutz gesteht ihr, dass er eine Freundin habe. Lotte ist sprachlos – und wird dies für die nächste Zeit auch bleiben.
Daraufhin zieht sie mit den Kindern zu ihren mürrischen Eltern. Wobei Sohn Anselm lieber seine Zeit mit seiner schwangeren 18-jährigen Freundin Nadja verbringt. Wenngleich sie nicht von ihm schwanger ist, möchte er sich um sie und den bald geborenen Pangäa kümmern. Anslems Eltern sind irritiert: Soll er sich nicht zunächst austoben? Zudem ist Nadja aus der Unterschicht und sie fürchten um das geistige Niveau ihres Sohnes.
Völlig zu Unrecht, denn Anselm überrascht den Dramaturgen-Vater mit einem selbstgeschriebenen Theaterstück über orientierungslose Jugendliche, ihre nicht umgesetzten Träume, ihre Schauen-wir-mal-Haltung. Der Vater findet das Stück interessant und vermittelt Anselm zu einer Kollegin, um über den Text zu sprechen. Was Anselm nicht weiß: Sie ist die neue 24-jährige Freundin seines Vaters, findet aber auch Anselm attraktiv und bald landen sie im Bett … Soweit der erste Teil.

Der zweite Teil spielt auf Sylt. Lutz ist auf die Nordseeinsel geflohen, um seinen Kopf frei zu bekommen. Doch stattdessen säuft er. Schon nach ein paar Wochen kommt Anselm zu Besuch. Weil Nadja sich von ihm getrennt hat. Auch Lotte kommt auf die Insel. Sie erfährt auf den Weg dorthin, dass Anselm und Lutz mit der gleichen Frau geschlafen haben. Sie ist wütend und fängt wieder an zu sprechen. Das Chaos ist perfekt, als die Großeltern nach Sylt kommen …
Autor Moshammer beschreibt eine Mittelstandsfamilie, die plötzlich aus den Fugen gerät. Aufgestaute Wut bricht auf. Verletzungen machen sich breit. Gräben werden eingerissen. Die Familienmitglieder driften auseinander. Doch Moshammer belässt es nicht bei der Familie. Seine Analyse ist auch eine Zustandsbeschreibung der österreichischen Gesellschaft – präziser: der bildungsbürgerlichen Mittelschicht.
Sie hat sich bereits geistig und finanziell von der Unterschicht verabschiedet. Gegenseitige Vorbehalte und Ängste scheinen unüberwindbar zu sein. Wird sich die österreichische Gesellschaft weiter spalten? Atomisiert sich gar die Gesellschaft? Oder findet die junge Generation den richtigen Kitt wieder? Hat sogar mit dem Auseinanderdriften – ähnlich der Spaltung von Pangäa – eine neue Ära angefangen? Vielleicht auch zum Besseren, wie uns der Autor am Ende des Buches Hoffnung macht, als Anselm einem Flüchtling helfen will?

Mit solchen und anderen elementaren Fragestellungen zur Gesellschaft hat Moshammer einen facettenreichen, genre-verspielten Roman geschrieben. Dabei geht er wie ein Geo-Soziologe vor. Er bietet dem Leser eine präzise, wegweisende und reflektierende Analyse an, indem er aktuelle Entwicklungen metaphorisch mit den Ereignissen im Erdmittelalter vergleicht. Eine kluge Lektüre, die zudem Spaß macht!

Angelo Algieri
8. November 2012


Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen VerfasserInnen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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