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Thomas Sautner: Die Älteste

Leseprobe:

Eine Weile taten wir nichts weiter, als nebeneinanderzusitzen und ins Feuer zu sehen. Rundum war es still und kohlrabenschwarz. Ab und zu streifte Wind in sanften Wellen über die Bäume.
Glaubst du, völlig gesund zu werden?, fragte die Alte in die Nacht hinein.
Hoffentlich.
Mit Hoffnung, sie schüttelte leise den Kopf, sei nichts zu gewinnen. Hoffnung sei passiv. Nötig sei Glaube. Das sei die stärkste Kraft auf Erden. Glaube könne Berge versetzen. Ich müsse das wortwörtlich verstehen, nicht bloß gleichnishaft.
Ich nickte, kein bisschen überzeugt.
Du würdest gerne glauben, dass du mit dem, was ich dir zeige, gesund werden kannst, traust dich aber nicht, darauf zu setzen.
Vermutlich ist es so, dachte ich.
Es liege am Egoverstand, sagte die Alte, verwendete den Begriff wie selbstverständlich. Sobald ich mein Leben nicht ausschließlich nach ihm ausrichten würde, sondern auf mein Gefühl vertraute, fürchte er um seinen Einfluss. Was alles geschehen könnte, ließe ich meinen Verstand einmal los! - warne mich dann mein Verstand. Buchstäblich losgelöst wäre ich, könnte fallen ins Nichts, in einen unkontrollierbaren Zustand, den Irrsinn womöglich. Oder stattdessen gar in die Wirklichkeit, denn was, fragte die Alte, wenn mein Egoverstand ein Gaukler wäre, der mir meine von ihm geschaffene Realität als einzige mögliche Welt verkaufe, während tatsächlich diese Realität aber einer Bühne ähnle, auf der das Leben spiele, und jenseits davon eine größere Wirklichkeit beginne, in die ich mich hinausfallen lassen könne, gerade so, wie ich gewiss schon einmal aus einem Theater vom Dunkeln nach draußen ins Licht gestürzt sei.
Woher soll ich wissen, wandte ich ein, dass nicht Glaube und Gefühl die Gaukler sind?
Ich könne es einfach ausprobieren, antwortete Lisbeth.

(S. 80)

2015 Picus Verlag, Wien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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