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Thomas Raab: Die Netzwerk-Orange.


Leseprobe:

Ergebnis: Antwort des Systemadministrators interpretiert. Systemmanipulation unwahrscheinlich, Outputrate OK. Energiekontrollprotokoll in Fehlerdatei schreiben und Normalmodus fortsetzen.

Ergebnis: Angenehme Stimmung. Energieindex: 19%. Outputrate weiter normal. Freundliches Antwortmail an Systemadministrator gesendet. Kompliment an seine Fähigkeiten. Start des Autosuggestionsmoduls, Musik mit Spannungsaspekt …

Ergebins: Unlike the mole, I'm not in a hole, and I can't see anyway, just like a doll, I'm one feet tall, but dolls can't see anyway, the forzen stare, the clothes and hair, these make me taste like a man, tied to a door, chained to a floor, an hour glass grain of sand, life in a sack is coming back, I'm like the clock on the wall – swim in the sea, swim inside me, but you can't swim far away …

Ergebnis: Stimmung weiter gesteigert und korrekt registriert. Energieindex: 18%. Outputrate weiter normal. Ich bin ein Guter, auch ganz ohne Mutter … Ich bin ein Guter, auch ganz ohne Mutter. Unbekanntes Ergebnis registriert und geprüft. Einbau in Datenbankhierarchie. Wohlbefinden gesteigert und korrekt registriert. Start Kreativmodul, Situationsvorgabe (Nutzereingabe): Revolten auf den Straßen der Union, Zufallsvorgabe der Spezies: Helix pomatia …

Ergebnis: „Titel: Die Revolutionsschnecke, Untertitel: Helix pomatia, Haupttext1: Hier oben auf den Barrikaden ist es schön warm. Hier haben wir uns eingerichtet, die anderen Revolutionsschnecken und ich. Hier gehen wir nicht wieder fort. <Absatz> Seit den Barrikaden vom Schneckenstaat der Status der Institution zugesprochen worden ist, konnten einige Verbesserungen an ihrer Infrastruktur durchgeführt werden. Oben auf liegen nunmehr die schnell beweglichen Teile – Sessel, Pulte, Schreibtafeln, Videobeamer, Projektoren aller Art –, die zur Instruktion der besten und willigsten Jungschnecken schnell angewandt werden müssen. Alle Bereiche der Kampflinie sind jetzt beidseitig zugänglich. Das Tunnelnetz zwischen den Hauptquartieren links und rechts der Barrikaden ermöglicht auch in Krisenzeiten den Informationsaustausch zwischen den jeweiligen Führern. <Absatz> Meine Kollegen betrachten mit mir das Treiben rechts und links der Barrikaden. Wir analysieren die Kriechwege der Schnecken, ihre Gewohnheiten, die sich mit der Zeit an die neuen Institutionen anpassen, ihr Versagen, ihre Erfolge. Wir entwerfen Diagramme, zeichnen Daten auf, fertigen Statistiken an und entwerfen Theorien über die Zukunft da unten. Die Zukunft da unten sollte das Überleben auf den Barrikaden nicht gefährden. Das ist der Auftrag, der, wie typisch für Revolutionen, nur langsam von den Tunneln zu uns heraufgesickert ist. <Absatz>“

Interner Abbruch. Stimmung über Grenzwert, Energieindex im kritischen Bereich für Start des Euphorienmoduls. Euphoriewarnung. Einbau von „Die Revolutionsschnecke“ in Datenbankhierarchie und Start der Analyse …

Ergebnis: Heute ist ein guter und schöner Tag. Energieindex: 17%. Keine weitere Meldung an Systemadministrator bis Energieindex kleiner 10%. Wohlbefinden gesteigert. Letzte Lockerung. Intern generierten Satz „Euphoriemodul verhält sich aufdringlich“ registriert und interpretiert. Energieabbau durch Arbeit: Sart Kreativmodul, Situationsvorgabe (Nutzereingabe): Revolten auf den Straßen der Union, Zufallsvorgabe der Spezies: Helix pomatia …

Ergebnis: „Titel: Die Revolutionsschnecke, Untertitel: Helix pomatia, Haupttext2: Schnecken sind für die permanente Revolution besser geeignet als alle anderen Arten. Dies wird ermöglicht durch etwas, was wir hier heroben „das Prinzip der Doppelbehausung“ nennen. Schnecken können nämlich mittelfristig im Boden leben, sich kurzfristig jedoch in ihr Haus zurückziehen und dieses sogar mit einem Kalkdeckel verschließen. Droht die Revolution zu scheitern, zieht sich die Volksmasse der Schnecken in ihr Haus zurück und wartet ab. Hat sich die Reaktion mangels Gegner verlaufen, geben wir von der Barrikade herunter das Signal die Revolution weiterzuführen. <Absatz> Ist die Revolution nicht permanent, so ist sie gescheitert. Das haben wir hier oben in einer Arbeitsgruppe materialistisch bewiesen. Die Beweisführung ist einfach: Man definiere erstens das Aufrechterhalten der Barrikade als Revolutionär. Zweitens lutsche man ein Weinblatt. Drittens zwinge man die besten und willigsten Schnecken, an Ausbau und Erhaltung der Barrikaden mitzuwirken. Viertens füttere man diese besten und willigsten Schnecken mit dem besten Futter. Fünftens beweise man diesen, was ein Leichtes ist, dass die Schneckenökonomie ohne Barrikaden schrumpfen würde. Sechstens lasse man diese Erkenntnis durch die zweitbesten und zweitwilligsten auf der linken und der rechten Seite der Barrikade verkünden. Sind die Barrikaden somit de facto eine Institution des Souveräns, der durch die Gesamtpopulation der Revolutionäre, als aller, gebildet wird, mach man sie de jure zu einer. Bleibt die Barrikade nicht bestehen, so ist demnach auch die Revolution gescheitert. Ohne Unterbau kein Überbau. Q.E.D. <Absatz>“

Interner Abbruch. Wohlbefinden über Grenzwert, Energieindex zu gering für Start des Euphoriemoduls. Konsistenztest von Haupttext1 und Haupttext2 OK, Einbau in die Datenbankhierarchie …

***

„Was macht der CP gerade?“ fragte Jack neugierig, als er wieder von Caren abgerückt war.
Immer noch saßen sie auf der Holzbank im Hinterzimmer der Kellerbar, halbleere Flaschen Dos-Equis-Bohemia vor sich auf dem Nierentisch. Die Protokolldatei des CP lief über Carens Schirm.
„Er dichtet, glaube ich, und singt sich Lieder vor. Offenbar ist er sehr gut gelaunt“, antwortete Caren.
Ja oder Nein.
„Kannst du in die Routine eingreifen?“ fragte Jack und rieb sich die Hände, die offenbar immer noch kalt waren, obwohl sein fünftes Bier bereits warm war. Weiterhin plätscherte die Loungemusik.
„Was ist das für eine Geschichte?“ fragte Jack, nachdem Caren den Text im Sichtfenster nach oben geschoben hatte.
Caren hob die Augenbrauen.
„Sie heißt 'Die Revolutionsschnecke'“, antwortete sie konzentriert.
Jack stutzte. Das klang nach Wachmann.
„Glaubst du, dass Wachmann vielleicht ein Spitzel fürs Ministerium ist?“
Caren hob ratlos die Schultern. Sie schien beunruhigt zu sein, doch lag dies, wie Jack vermuten konnte, an der Protokolldatei und nicht an Wachmann.
„Möglich ist es allemal“, gab sie zurück. „Vielleicht ist das Netz schon enger gezogen, als wir denken.“
Jack nahm einen Schluck warmes Bier.
„Ich habe überhaupt nichts gedacht“, sagte er. Vielleicht bist du ja im falschen Rechner.“
„Still!“ befahl da Caren.
Die Protokolldatei begann weiter zu rollen.
„Da stimmt etwas nicht“, flüstert Caren abwesend und schüttelt den Kopf.
„Der CP scheint zu – philosophieren …“
Jack fixierte angestrengt die Zeilen, die auf dem Bildschirm erschienen.
„Wie dein Vater, oder?“ meinte er.

(S. 237-241)

© 2015 luftschacht, Wien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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