Leseprobe:
Glaubst du an Bestimmung?
Eher an Zufall.
Erzähl mir eine Geschichte, die du noch niemandem zuvor erzählt hast.
Einger überlegt. Dann erzählt er: Ein Mann hat sich von seiner Frau getrennt. Er macht das erste Mal wieder alleine Urlaub. Er geht ins Meer schwimmen. Zurück am Strand merkt er, er hat seinen Ehering verloren. Der Mann arbeitet als Koch in einem Pariser Lokal. Als er einen Fisch ausnimmt, entdeckt er seinen Ring im Bauch des Fisches.
Das hast du gerade erfunden. Gib's zu. Wer soll denn so eine Geschiche glauben?!
Wir brauchen solche Geschichten. Das Unglaubwürdige versöhnt uns mit unserer eigenen Geschichte. Stillt auch unsere Sehnsucht nach Erlösung.
Und wie geht das mit dem Koch weiter? Geht es weiter? Kommen sie wieder zusammen?
Ich weiß es nicht.
Ach ja, wie dumm von mir, du lässt ja immer den Schluss aus. Aber wenn man die Geschiche so hört, könnte man ja fast Zutrauen in den Zufall finden.
Oder in den Irrwitz.
Wir müssen nicht immer alles verstehen. Wenn wir aufhörten, alles verstehen zu wollen, dann hätte auch der Zufall wieder eine Chance.
Und der Irrwitz.
Hab erst gestern von einer Frau gehört, die ganz Europa durchtauchen will. Von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer. Sie heißt Klara Hobzar. Das nenn ich Irrwitz. Einer niest. Und noch einmal. Und auch noch ein drittes Mal.
Ich weiß, was jetzt kommt.
Lass mich raten.
Einer hütet das Bett. Gisela reicht ihm eine Suppe. Es ist eine Buchstabensuppe. Was machst du da, fragt Gisela, als sie Einers Herumgestocher bemerkt.
Ich sortiere die Buchstaben in alphabetischer Reihenfolge.
Gib es zu, das hast du bei Monk gesehen. Und wenn? Bis Einer beim Z angelangt ist, ist viel Zeit vergangen. Und die Suppe kalt. (...)
(S. 40f)
© 2015 edition keiper, Graz.