Leseprobe:
In der Wolfsbauchfinsternis begann ich mich in unglaublicher Geschwindigkeit zuhause zu fühlen, selbst im Traum wunderte ich mich darüber, erklärte es mir aber dadurch, dass es sich in Wahrheit um eine so große Angst handeln musste, die sich, weil sie ohnehin nicht geholfen hätte, wie Geborgenheit anfühlte. Eine leichte Trägheit lag über allem, bis ich von einem hellen Lichtstrahl heimgesucht wurde, und obwohl er so schnell wieder verschwand wie er aufgetaucht war, war ich erneut erblindet. Bei der Ahnung, jetzt nicht mehr allein hier drinnen zu sein, gruselte es mich. In mein forschendes Abwarten hinein wurde ein Streichholz aus einer Schachtel geholt und an der Reibefläche entzündet. Eine kleine Flamme züngelte am Schwefelkopf auf. Im Licht des kleinen Feuers erkannte ich eine knochige Hand, die das Zündholz an eine Messinglampe führte und den Docht ansteckte.
Im Wasserkocher sprudelte das Wasser und ich gieße es in die Tasse. Wie der Teebeutel seine rote Farbe verliert, als wäre es Blut, ekelt mir auf einmal so sehr, dass ich den Tee in die Spüle schütte und eine herumliegende Hose anziehe, um aus der Wohnung zu flüchten. Auf der Treppe renne ich an der Nachbarin, die sich am Treppengeländer festkrallt, grußlos vorüber, stürze auf die Straße und von dort weiter, einfach fort, irgendwohin. Durch ein offenes Fenster höre ich das Klappern von Tellern, große Fleischteller bestimmt, und in meinen Ohren setzt ein deutlich vernehmbares Schmatzen ein, das nicht von außen, sondern aus mir selbst kommt und wie ein Tinnitus meine Gedanken verschlingt.
(S. 70-71)
© 2015 Kremayr & Scheriau, Wien.