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Leseprobe: Christoph Grissemann, Dirk Stermann - "Immer nie am Meer"

Brunos Abgang

Bruno und Bruno sind zwei Brüder, die beide Bruno heißen. Sie sind Wehrdienstverweigerer und beide bei der Army und als Panzerfahrer in Ohio stationiert. Bruno und Bruno sind tief religiös und fromm und können keiner Fliege was zuleide tun. Daher verwunderte es niemanden, als Bruno und Bruno in Gewissensnotstand den Kriegsdienst verweigerten. Der Gewissensprüfer Dr. Goran Ivanisevic attestierte Bruno und Bruno Humanität und Friedfertigkeit. Dr. Ivanisevic anerkannte die Brüder als Kriegsdienstverweigerer. Wie freuten sich Bruno und Bruno über die Aussicht, alten Menschen zu helfen, Kranke zu pflegen und anderen Dienst am Mitmenschen zu leisten, anstatt säbelschwingend in den Krieg zu ziehen. Um so mehr traf sie Goran Ivanisevics Entscheidung, sie als Panzerfahrer einzusetzen, so kurz vor dem Vietnamkrieg. War das ein Heulen und Schluchzen im Hause Bruno, war das ein Schock! Bruno und Bruno, die beiden langhaarigen Wehrdienstverweigerer, sind die einzigen Kriegsdienstverweigerer, die Panzerfahrer sind. Aber sie erfüllten ihre Pflicht, die Goran Ivanisevic ihnen auferlegt hatte, und wurden zu den gefürchtetsten Killern, die Vietnam je gesehen hatte. Die Tränen standen den überzeugten Pazifisten bei jedem Mord in den Augen. Auf dem Ohioer Soldatenfriedhof ruhen Bruno und Bruno heute in einem Brunograb. Als Inschrift ist zu lesen: "Hier ruhen Bruno und Bruno, die einzigen Wehrdienstverweigerer, die Panzerfahrer waren." (S. 34)

Obstgarten

Da ist er jetzt, der Scheißobstgarten. Erst pflanzt man ihn, dann ist er da, aber leider hat man da schon jedes Interesse verloren. Kirschbäume, Apfelbäume - das ist doch alles nichts, was soll der Scheißdreck, dachte sich der 43jährige hochaufgeschossene Theaterliliputaner und Hobbybasketballer Hendrik Dreekmann. Auf der Bühne immer nur Zwerge oder Kleinkinder spielen oder bestenfalls menschliche Kanonenkugeln und jetzt auch noch dieser verfickte Scheißobstgarten - das setzt doch der Krone das Faß auf den heißen Stein. Am meisten haßte er den Birnbaum, den er nur Drecksau nannte, den Himbeerstrauch scholt er Hurensohn, die Bananenstaude Pißnelke und den Marillenbaum Wichser. Hendrik Dreekmann war ordentlich geladen, als er da so saß inmitten seines Obstgartens, zwischen, wie er fand, all den Drecksäuen, Hurensöhnen, Pißnelken und Wichsern. Also ging er runter in die Stadt, der 1.20 große Kleingärtner, und erschlug den Kellner, der ihm auf die Frage "Was empfehlen Sie als Nachspeise?" Obstsalat antwortete. Es gibt so Tage, da ist man irgendwie nicht so gut drauf. (S. 70)

DIE MÖHRE

 

Die frommste Frucht hab' ich gesucht,
und ich schwöre, es ist die Möhre,
denn sie schenkt der Tomate
jeden Tag 'ne Oblate.

 *

DIE MORÄNE

 

Am liebsten macht es die Moräne
im Wasser ganz mit sich alleene.
Sie onaniert, sie masturbiert
und ist dabei ganz ungeniert!

*

DIE BOHNE

 

Bei jeder Marienprozession
kriecht sie auf Knien für Gotteslohn.
Für den Vater und den Sohne
tut sie alles, die Bohne.

*

DER ROCHEN

 

Seit Wochen bumst der Rochen
seine Frau sogar beim Kochen.
Kann er nicht mehr, ruft sie den Zander,
und die beiden treiben's miteinander.
(S. 86)

© 1999, Edition Selene, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

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