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Claudia Sammer: Wild Card.

Leseprobe:

Als wir die Bar verlassen, liegt ein zarter, heller Streifen
über dem East River. Es ist windig geworden, Blätter
wirbeln durch die Straßen, weiter hinten zum Fluss
hin steigt ein Schwarm Krähen in den Himmel. Das
müde Auge kann der Bewegung kaum folgen, kann
Blatt kaum von Vogel unterscheiden. Als blende uns die
Dämmerung, wenden wir uns nach Westen, wir schwei-
gen uns an. Es bleibt uns vielleicht eine Stunde, dann
ist es Tag, dann werden wir Adressen tauschen und
Abschied nehmen. Ich werde in mein Hotelbett krie-
chen und mich einrollen. Möglich, dass ich sie wecken
werde, die Tür knarrt, das Wasser rauscht, sie werden
auf mich gewartet und unruhig geschlafen haben. Sie
werden mich fragen, wo ich gewesen sei, und ich werde
antworten, ich sei vom Weg abgekommen.

Noch einmal lassen wir uns treiben. Er schlurft, ich
tripple, die Müdigkeit ist übermächtig. Wir kämpfen
dagegen an, wollen uns die letzten Minuten nicht neh-
men lassen. Wir drängen unsere Augen in den Rest von
Dunkelheit und bemerken verwundert, dass die Stille
und der Dunst, die diese Nacht vom Tag scheiden,
so gewöhnlich sind. Die blaue Stunde. Wir gehen im
Zickzack, hoffen, uns damit wach zu halten, westwärts,
nordwärts, westwärts, nordwärts, schmieren um die
Ecken, er beginnt einen Marsch durch die Zähne zu
pfeifen, fast vergessen wir, dass es nicht einfach eine
durchzechte Nacht ist, und da pfeifen und schreiten wir
in den Abgrund.
Als hätten wir das Reich der Toten betreten, stehen
wir plötzlich im Kerzenschein, den ganzen Block ent-
lang, so weit das Auge reicht, Kerzen. Und Zettel an
den Hauswänden. Missing.

(S 21-23)

© 2021, Braumüller Verlag, Wien

 

 

 

 

 

 

 

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