Auch ich hielt es für das Beste, möglichst schnell das Weite zu suchen, doch ich wollte Aphrodite nicht allein lassen. Während ich zögerte, ging die Kirchentür hinter uns auf und ein furchterregendes Wesen funkelte uns aus blutunterlaufenen Augen zornig an. Nach dem ersten Schreck sagte ich mir: Wenigstens handelt es sich um einen Menschen. Obwohl dieser uralte Mann, offensichtlich ein Pope, nicht gerade sehr menschlich aussah. Unter seinem schwarzen Hut schaute völlig verfilztes, graues Haar hervor, sein langer Bart stand vor Dreck, und seine schwarze Kutte war mit Lehm und Staub bedeckt. Er drückte ein dickes, ziemlich zerfleddertes Buch an seine Brust und klopfte mit dem Zeigefinger unentwegt auf den Buchrücken, plötzlich riss er jedoch den Mund auf und begann zu brüllen. Sein Gebiss bestand aus zwei oberen Eckzähnen. Der Vergleich mit einem Vampir lag nahe. "Wehe dem Ungläubigen, der es wagt, Gottes Kirche zu betreten - die schlimmsten Höllenqualen werden über ihn kommen", übersetzte mir Aphrodite leise sein Geschrei und bekreuzigte sich dreimal. Fluchend warf er das Buch nach uns, seine Flüche verstand sogar ich. Aphrodite erstarrte und bekreuzigte sich gleich noch einmal. Obwohl ich weder an geheimnisvolle Mächte noch an all den anderen übersinnlichen Quatsch glaube, bekam ich eine Gänsehaut.
(S. 129f.)
© 2004, Ullstein, Berlin, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.