Im Jahr 1997, also fast eine halbe Ewigkeit, nachdem die Linzer Firma Franck & Söhne ihre Zichorienkaffee-Produkte zu erzeugen begann, nahm der kalifornische Bassist Mike Watt eine seiner sanft schwingenden, durch ihre musikalische Prägnanz und Kürze bestechenden Eigenkompositionen auf, der er den Titel "Black Gang Coffee" gab und in der es um den köstlichen Geruch schwarzen Bohnenkaffees geht, den ein über und über dreckiger Heizer im Maschinenraum eines Schiffs in der Nase hat - ein ganz anderes Aroma also als das, mit welchem der Ersatzkaffee der Firma Franck die Leute betört haben mag...
Während der Jahre des Nationalsozialismus, als die Wirtschaft sich vor allem der Kriegs- und Rüstungsindustrie unterzuordnen hatte und man sich anstelle von Bohnenkaffee wieder mit Zichorienkaffee begnügen mußte, versuchte die Linzer Kaffeefirma die Bevölkerung von ihrem Angebot zu überzeugen, indem sie so etwas wie einen bescheidenen Werbefeldzug startete, zu dem auch ein gerade einmal gebetbuchgroßes Druckwerk gehörte, welches "Das kluge Büchel" hieß und auf dem Umschlag eine Kaffeemühle zeigte, die Schutzmarke der Firma. Darin wurde nicht nur auf die Qualität des Franck-Zichorienkaffees verwiesen, sondern es gab dazu auch allerlei "Gute Ratschläge für die Hausfrau".
Einige davon bezogen sich u. a. auf den Umgang mit den damals neuen Produkten der kautschukverarbeitenden Industrie, und die klangen dann etwa so: "Sachen aus Gummi (wie Badekappen, Schürzen, Überschuhe usw.) lassen sich an eingerissenen Stellen leicht mit Isolierband reparieren, welches man ganz einfach unter die Bruchstelle* klebt."
*Menschliche Handlungen, die aus dem Zusammenhang, aus welchem sie stammen, herausgebrochen und für einen Moment wie festgefroren betrachtet werden, haben manchmal etwas leicht Mysteriöses an sich, das sie in einem fremden Lichte erscheinen läßt. So sagt etwa der Boxer, der für eine Sekunde hilflos in den Seilen hängt und den Mund seltsam verzieht, uns etwas über diese Welt, das er selbst gar nicht bewußt wahrgenommen haben muß. Der Bruch in der Kontinuität, den er dabei verspüren mag, ist für ihn vielleicht zuerst einmal nur ein dumpfer Schmerz im Schädel.
(S. 301 f)
© 2005, Residenz Verlag, Salzburg, St. Pölten.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.