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Leseprobe: Christoph Wagner - Das Apfelhaus

In der Konditorei Zvezda in der Wolfova unweit des Preseren-Platzes traf ich eine erstaunlich gut aussehende slowenische Galeristin; erstaunlich deshalb, weil sie während unseres anderthalbstündigen Meetings eine Meringuetorte, ein mit Vanillecreme gefülltes Croissant und eine Kremna rezina, eine Cremeschnitte von wahrhaft ljubljanischer Opulenz, verdrückte, eine Gewohnheit, die für ihre Wespentaille jedoch keinerlei Folgen zu zeitigen schien. Sie musste wohl in ihrer Freizeit die örtlichen Fitness-Center häufig frequentieren, dachte ich.
Den Abend verbrachte ich dann mit meinem alten Freund Felix aus Kärnten, der in Ljubljana als Geschäftsführer eines großen Zeitungsverlags tätig war und immer wusste, wo in Ljubljana man gerade am besten speiste. Im Augenblick war dies offenbar das „Spajza“, was – wie mir mein Freund erklärte – auf Slowenisch so viel wie Fohlen bedeutet. Tatsächlich findet man hier auch ein Fohlensteak auf der Karte. Ich bestellte jedoch lieber eine getrüffelte Gänsebrust und einen knusprigen Ziegenbraten, der frisch aus dem Ofen kam. Mein Freund versprach mir, einige wichtige Kontakte zu knüpfen, und wir genossen einen anregenden Abend, in dessen Verlauf wir zwei Flaschen eines vorzüglichen Zelen aus dem Vipava-Tal leerten.
Als ich spätabends zurück in meine kleine Pension kam, fand ich nicht nur die Bettdecke fein säuberlich zurückgeschlagen, sondern auch den angebissenen Apfel durch einen neuen ersetzt, der im matten Schein meines mit durchscheinender Wildlederhaut bezogenen Nachkastenlämpchens appetitlich funkelte.
Obwohl ich nach dem opulenten Abendmahl keinen großen Appetit mehr verspürte, entjungferte ich aus purem Gusto auch dieses Äpfelchen mit einem kräftigen Biss, legte es danach aber in die bunte Schale zurück. Im Fernsehen lief noch einer alter Mafiafilm mit Robert de Niro, durch dessen Untertitel ich unter anderem lernte, was Shit und Fuck you auf Slowenisch heißt. Mit diesem neu erworbenen Wissen schlief ich, lange bevor der Film zu Ende war, ein und verbrachte hinter den dicken gotischen Mauern des Hauses trotz der Augusthitze eine angenehm kühle Nacht.
(S. 9/10)

© 2011 Haymon Verlag, Innsbruck.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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