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Gert Jonke: Insektarium



Lesung im Salzburger Literaturhaus.
Es liest der Autor.
Spielzeit: 66 Min.
ISBN: 3-7082-3102-3
Skarabaeus 2002

Es gibt ja diese alte Redewendung: Wer nicht hören will, muss fühlen. Abgewandt auf Gert Jonke müsste es heißen: Wer fühlen will, muss hören. Oder (in Anlehnung an eine Werbung für den Radiosender Ö1): Jonke gehört gehört.
Die vorliegende, bei Skarabäus erschienene CD enthält eine Aufnahme einer im Salzburger Literaturhaus gehaltenen Lesung von Gert Jonke aus Insektarium, 2001 bei Jung und Jung erschienen.

Jonkes Texte sind wie Insekten, lebhaft, sich wandelnd, eigensinnig versponnene Skizzen, surreale Szenen. Da wird jemandem der Kopf abgebissen, ganz schnell und schmerzlos. Ein Schauspieler erzählt die Geschichte seines Mundes, seiner Stummheit, seiner Mundabschälung. Eine Figur vergisst den Namen des Heimattales, die Zunge verknotet sich, übrig bleibt ein unverständliches Lallen. Wörter schmelzen oder gefrieren den Figuren im Mund: die Unsagbarkeit, die Sprachlosigkeit, die falsche Sprache.
Seine Textinsekten schwirren einem um den Kopf. Dreht man sich mit, um ihnen zu folgen, wird man schwindlig. Wie ein Karussell, das sich immer schneller dreht: Konturen, Farben verschwimmen, verwischen sich.

Ich glaube, dass sich unter den Tieren ebenso gute Künstler befinden wie unter uns, und meine, dass auch diese Künstlertiere wissen, dass sie Künstler sind, aber sich heute noch verstecken müssen heißt es an einer Stelle. Es kriecht, fleucht, tanzt in Jonkes Zoo.
Einmal erzählt er eine skurrile, liebevolle Geschichte zwischen einem Zimmer und seinem Bewohner, eine Liebesgeschichte. Von einer Mieterhöhung in ihrer Zweisamkeit bedroht, flüchten sie weit weg in die Lüfte, suchen ihr gemeinsames Glück.

Faszinierend ist Jonkes eigentümliche, sehr lebendige Stimme, nicht glasklar, sondern schmatzend und stampfend. Das ist kein getragener, manierierter Vortrag - Jonke taucht in seine Texte ein, selber ein Insekt, fliegt zwischen und um die Wörter, stürzt ab, kracht irgendwo dagegen, um Momente später grazil in die Höhe zu steigen, wo die Luft dünn, die Sicht klar ist. Er verleugnet das Kärntnerische nicht, er säuselt und hetzt dahin, schwirrt dem Leser ins Ohr hinein, wirbelt einem das Gehirn durcheinander, und irgendwann ist man benebelt, süchtig nach diesen querköpfigen Sätzen und Gedankenfetzen und will mehr. Jonkes Insektarium entfaltet sich am schönsten im Vortrag durch den Autor selbst, in diesem schwafelnden, Laute verschluckenden, nach Atem ringenden hin- und mitreißenden Vorlesen.
Noch einmal: Jonke gehört gehört.

Originalbeitrag

Peter Landerl
1. Juli 2002

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