Man hat mir abgeraten, darüber zu schreiben, und natürlich kenne ich Dagmar lange genug, um zu wissen, was mich erwartet, wenn nur etwas von dem, was ich über sie in die Welt setze, anfechtbar ist. Ich habe oft genug erlebt, mit welchen Lappalien sie ihren Anwalt betraut hat, den beflissenen Dr. Mrak, um Leute, die sie für ihre Feinde hielt, mundtot zu machen, und gebe mich nicht geringsten Illusionen hin. Meine Darstellung, da bin ich sicher, wird noch am Tag der Veröffentlichung auf seinem Schreibtisch landen und auf Punkt und Komma überprüft werden, ob sich darin etwas Justiziables findet. Da würde es auch wenig helfen, die Tatsachen zu verdrehen, welche Mühe auch immer ich mir geben mochte, die Spuren zu verwischen, ob den Ort des Geschehens von Wien nach Berlin zu verlegen, ob Dagmar anders zu nennen, ob ihr eine andere Herkunft zuzuschreiben und sie statt aus Kärnten vielleicht aus einem Dorf an der Ostsee stammen zu lassen, ganz vom anderen Rand des Sprachraums, um nicht überhaupt so weit zu gehen, aus der Frau, die sie immerhin ist, einen Mann zu machen.
Am Ende sind das Kindereien, und ich würde mir den Vorwurf einer plumpen Täuschung einhandeln, würde mir anhören müssen, ich spräche von einer Kindheit am Meer, spräche von den Nachmittagen am Strand, der Weite und dem Licht des Nordens, und meinte in Wirklichkeit die Beengtheit der Berge, meinte ein abgeschiedenes Karawankental und die schneereichen Winter in den fünfziger Jahren, von denen Dagmar endlos schwärmen konnte. (S. 9f)
© 2010 Hanser Verlag, München.
|