Leseprobe
Mali pflegte mit Leitner die Kraterbeete im Eichenwald. Wenn sie am Weg einen schön geformten Gegenstand sah – einen Ast, einen Stein –, nahm sie ihn mit und legte ihn auf Doras Grab. Der Weg führte sie vorbei an der Wasserstelle, wo jeder zwei Kübel, die an einer Stange befestigt waren, füllte und bis zu den Beeten trug. Einmal hatten sie verschlafen und mussten mit Tüchern geschützt durch die Hitze des anbrechenden Tages zum Kraterbeet gehen. Keine hundert Meter von der Wasserstelle entfernt war eine Stelle, wo die Sonne Löcher in die Wiese gebrannt hatte. Kein Wasserkübel durfte verloren gehen, weshalb sie langsam durch die sengende Hitze stiegen, einen Fuß vor den anderen setzten. Leitner meinte, man müsse sich nur auf die Schultern konzentrieren, dann könne man das Wasser nicht verlieren. Schultern, Gleichgewicht, Schultern, Gleichgewicht, flüsterte Leitner. Unter Malis Füßen knackte es. Sie blieb stehen, ging in die Knie, lud die Kübel ab und sprang zur Seite. Ein großer, grün schillernder Käfer lag auf dem Weg. Mein Gott!, schrie Mali. Leitner lud ab, suchte ein Stück Holz und drehte den Käfer auf die Unterseite. Das Insekt hatte die Größe einer Kinderfaust.
(S. 133)
© 2014 Limbus Verlag, Innsbruck