Auf dem Hauptparkplatz stehen nur wenige Autos, auch der Parkplatz vor der MillionenKochen-Halle ist beinahe leer.
Die Türe ist offen, ich gehe ins Foyer. Der Empfangsschalter ist unbesetzt. So gesehen habe ich Glück. Ich gehe den Gang entlang, biege zum Studio 1 ab. Rotlicht. Seltsam.
"Ist da jemand?" Ich rufe es leise, aber es hallt laut zurück.
Ich hole tief Luft und drücke ganz langsam die Klinke nach unten. Das Studio ist dunkel, wer hat das Rotlicht eingeschaltet? Oder hat man einfach vergessen, es abzudrehen? Ich gehe langsam auf die Kulisse der Kochshow zu. Mira, dreh um. Schwarze Umrisse der Kochzeile. Das einzige Licht kommt vom Gang her. Rumpeln. Es hat sich etwas bewegt. Da ist jemand. Ich glaube beim grossen Kühlschrnk den Umriss eines Menschen zu sehen. Plötzlich ein gellender Schrei, etwas fällt zu Boden, ein Klirren, ich bleibe wie angewurzelt stehen. Jemand rennt davon, dahinter noch jemand. Ich muss das Licht andrehen, da ist etwas, ein Kippschalter, daneben noch einer, die Schritte entfernen sich schon, sind auf der anderen Seite der Kulisse, ich drücke die Schalter nach oben. Gleissendes Licht. Jetzt sehe ich erst recht nichts. Ich habe den Großteil der Studiobeleuchtung eingeschaltet. Ich hetze um die Kulisse herum, den beiden nach, ich muss herausfinden, was da gespielt wird, es ist ohnehin nichts echt, das ist ein Film, ein Film, Mira, rundherum Kulissen und draussen Rotlicht. Gleich wird jemand sagen: "Danke, die Szene ist im Kasten." Und eine Maskenbildnerin wird kommen und mir vorsichtig den Schweiss von der Stirne tupfen, ich renne, sie sind jetzt raus aus dem Studio, im Gang auf der Rückseite, ich spiele die Journalistin, die alles aufdeckt, ihnen nach in den Gang, hier ist es wieder finster, nur etwas Gegenlicht durch die Tür vom Studio her, ich sehe die Schatten, eine schöne Einstellung, Dramatik pur, der Lichtchef versteht sein Geschäft. Plötzlich beide Schatten eng beeinander, oder täuscht die Perspektive? Der eine biegt ab. Hiner welchem soll ich her? Die Entscheidung wird mir abgenommen, einen Tür fällt ins Schloss, irgenwo links von mir, dort, wohin der Schatten abgebogen ist. Ich verfolge den Schatten, der vor mir läuft, ein ganzes Stück vor mir, ich komme ihm nicht näher, aber jetzt ist der Gang zu Ende, Rütteln an einer Tür, ich renne hin, ich weiss, wers ist: Lena Sanders, sie ist in ein totes Eck gelaufen, sie schreit auf, als sie mich sieht. Sie war es, die auch im Studio geschrien hat. Bühnenreif. Blödsinn, sie ist ja auf einer Bühne. Und ich? Ich drehe mich gehetzt um, will dem Zweiten hinterher, dem Schatten, der in den Seitengang geflohen ist, aber längst ist niemand mehr zu sehen, der Gang endet in einer Türe, ich reisse sie auf. Nachtlicht auf dem Parkplatz. Mein Auto, noch drei Autos. Niemand zu sehen. Wer hat Lena Sanders verfolgt? Oder hat doch sie jemanden verfolgt, und als ich dann gekommen bin ... Ich gehe wieder nach drinnen und zittere.
© 2007, Folio Verlag, Wien-Bozen.
|