Leseprobe
ausgewählte Kurzprosa und Aphorismen
Eine poetische Existenz? Die Ödnis glotzt aus der Visage. O Gott, lieber eine Existenz als Strauchdieb, Zechpreller oder Leuchtturmwärter, Schiedsrichter, Pizzabäcker, als Denunziant meinetwegen. Am liebsten aber eine unbenannte Existenz. Die poetische Existenz ist der Strick, an dem du baumelst in langem Verrecken.
(S. 11)
Wir zwei, das Leben und ich, tun alles, um uns gegenseitig das große Verabscheuen zu lehren. Wir lernen leicht. Und hassen einander in höchsten Tönen.
(S. 15)
(Gedanken sind Knöpfe, die nach und nach abreißen.)
(S. 17)
Manch altem Schriftsteller will man nur eine Frage stellen: Kannst du eigentlich nicht schweigen? Oder ihm über die Straße zurufen: Wie lange denn noch willst du Schabernack und Mummenschanz treiben in deinem aufgeweichten Kopf, deine grotesken Abgesänge und Murmeltiraden und Greisengaloppaden ablassen, halts Maul endlich. Die Verdrossenheit, die Innerlichkeitskramerei und das Letzte-Wege-Suchen der Schreibgreise durchzieht die Literatur wie ehedem die Pest die Städte.
(S. 21)
(Würstl mit Senf: Literaten tagen. Wälzen sich drei Tage im Dubiositätenkabinett der Syntax und des Glaubens an Einfluss, suhlen sich in Bedeutung, die den Kreis der Bedeutenden nicht verlässt. Der Klub gefällt sich im Glanz des Elitären, der sein Elitäres daraus zieht, dass alle das Gleiche tun in einträchtiger Monotonie. Ganz wie Golfer. Nicht zu vergessen, zum Empfang knallen die Salzburger Festungsprangerstutzenschützen.)
(S. 28)
Großvater zündet sich eine Zigarette an.
Musst du rauchen, fragt Lara.
Müssen nicht, aber …
Okay, vielleicht raucht auch der liebe Gott. Da fallen dann die Zigarettenstummel vom Himmel. Schau, da überall liegen welche herum.
Du musst schon ein wenig auf mich hören, wenn ich etwas sage, sagt Mama.
Da gehe ich lieber gleich in eine WG, sagt Lara.
(beide Zitate S. 61)
© Klagenfurt / Celovec: Wieser Verlag, 2014.