1.
Die Beine dort, der Kopf da drüben, das geht wirklich.
Ich hocke ganz alleine vor dem Haus und obwohl jeder mich erkennt, spricht mich niemand an.
Am Morgen kommen sie ein paar Schritte näher, sehen mich mit verschränkten Armen auf der Kante eines Stuhls stehen.
"So war das", erzählen sie einander seit Monaten schon.
Ich werde springen.
Das werde ich nicht!
Ja.
"Bleibt sofort stehen!", schreie ich.
Spring auf!
Spring ab!
Spring auf!
Spring ab!
Spring auf!
Nach zwanzig Minuten kommt ein Linienbus, der in die nächstgelegene Stadt fahren soll.
Der Fahrer, ein Mann in gelben Gummistiefeln, steigt aus, kommt auf mich zu, ist auch kein Engel, ein Monster.
Der kahle Schädel ungenau konturiert, seine Beine leicht gebeugt, nach außen gedreht, eine der Wachen hält ihn auf, stößt ihn zu Boden, sticht so lange zu, bis die Klinge bricht.
Das wird sicher ein schöner Tag, dachte ich noch.
Morgen werde ich zwölf.
Es ist Sommer.
Seit ein paar Tagen schon werden die Menschen hier vorsätzlich von Autos angefahren, von Regierungsfahrzeugen, die Autoschlüssel haben große weiße Plastikanhänger.
Die Verletzten bleiben liegen, so sie nicht aufstehen können, vielleicht für immer.
Mein Weinen versetzt die Menschen in Angst und Schrecken.
Als ich später von unserem Hausdach brülle, erschrecken sie.
Beiß rein.
Beiß fest rein.
Ich gehe wieder zu meinem Stuhl, einem blauen Stuhl vor dem Haus, ziehe dicke Kreidestriche zwischen mir und den anderen.
© 2011 Residenz Verlag, St. Pölten-Salzburg.