Ich konnte es mir schon denken – Daniel wollte zu den Tauben gehen. Und auf einmal ließ ich die Mädchen Mädchen sein und lief Daniel in der Hoffnung nach, dass er mir etwas über die Tauben erklären, mir vielleicht erlauben würde, sie zu berühren. Wir hatten uns schon so lange nicht unterhalten. Ich vermisste meinen Freund.
Als ich im Hof ankam, war Daniel nicht mehr da. Er war sicher schon auf dem Dachboden, wo sich der Taubenschlag befand. Ich überlegte, ob ich heimlich hinaufgehen – der Herr Pfarrer hatte es keinem außer Daniel erlaubt – oder nach Hause gehen sollte, da bemerkte ich, dass Gregor zum Haus ging. Ich versteckte mich hinter der Scheune und sah zur Eingangstür.
Gregor betrat das Haus ohne anzuläuten und verschwand hinter der Tür. Kurz darauf hörte ich Stimmen. Gregor sprach sehr aufgeregt und laut, Herr Matus versuchte ihn zu beruhigen. Seine tiefe, sanfte Stimme, der ich früher so gern gelauscht hatte, klang diesmal hohl. Gregor wurde immer lauter, trotzdem verstand ich kein Wort. Plötzlich ging die Tür auf und der Junge stürmte ins Freie. Herr Matus, der ihm folgte, rief "Überlege es dir noch" und blieb im Türrahmen stehen. Ohne sich umzudrehen, rannte Gregor aus dem Pfarrhof.
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