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Gert Müller: Diesseits der Wüste.



Geschichten aus den tunesischen Tagebüchern (1956-2001).
Innsbruck: Haymon Verlag, 2002.
144 S., kart., m. Abb.; EUR 14,40.

Link zur Leseprobe

Der Charme des Veralteten -
Reisereportagen klassischen Zuschnitts, angelegt auf Feuilletonlänge und in mutiger Beschränkung auf die Anekdote erzählt, ohne "Anliegen" oder dergleichen, sind aus der Mode geraten. In den Fünfzigern und Sechzigern waren sie hierzulande wohl so etwas wie Ausdruck einer "neuen Weltoffenheit" des Publikums, vermochte man doch hier in einer Sprache und mit einem Gestus, die keine allzugroßen weltanschaulichen Ansrengungen bereiteten, das (noch) exotische als Teil der selben Welt erfaßbar machen, der der Sonntagsbeilagen- oder Magazinleser angehörte. Mit der zunehmenden Erschließung der "fremden" Räume, mit dem, was abfällig gern Multi-Kulti genannt wird, verlor die Form der Reisereportage zwangsläufig an Bedeutung, wo sie nicht gerade ein soziales bzw. politisches Anliegen zu ransportieren versprach.

Gert Müller nun, erfahrener Nordafrikareisender, Übersetzer von Tuareg-Lyrik, hat seinen Stil seit jeher an genau dieser aus der Mode gekommenen Form geschult, sein Handwerk als Schriftsteller nicht zuletzt an ihr erlernt, und nun bei Haymon eine Anekdotensammlung veröffentlicht, an der die Geschichte seiner Tunesienreisen ebenso abzulesen ist wie - so der nicht völlig erfüllte Anspruch des Buches - die Geschichte des Landes und - in noch geringerem Maße - Müllers persönliche Entwicklung.

Darin, in seinem aus-der-Mode-sein, liegt nun sowohl der Charme dieses Buches als auch das Problem, das es einem als Leser bereitet. Knappe Geschichten, Photos und skizzenhafte Reisezeichnungen führen einem Schauplätze und Menschen plastisch vor Augen, geben einen Einblick in Lebensbedingungen und Perspektiven der Geschilderten, aber mehr noch - und darin besteht die eigentliche Exotik des Bandes - in die zum Teil sichtlich überkommenen Perspektiven auf Nordafrika, auf denen die unkomplizierte Erzählhaltung zumindest der älteren Berichte fußt.

Fazit: Ein durchaus reizvoller Spaziergang durch die farbenprächtigen Tunesienerinnerungen eines wohl eher konservativen älteren Herren, der in sich von der zunehmenden Erschließung des Fremden zu sprechen scheint, aus "heutiger" Perspektive jedoch (zumindest zum Teil) selbst wieder geistige Terra Incognita darstellt.

Stefan Schmitzer
18. Februar 2002

Originalbeitrag

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