Leseprobe:
Sein Arm lag um ihre Taille und drückte seinen Kopf an den ihren. Sie fühlte sich so klein und zerbrechlich, wusste, dass sie zersplittern musste, wenn sie sich rührte. Sein harter Kopf, der Geruch nach erhitztem Körper und modrigem Wasser, das Flimmern des Sonnenlichts, die Äste der Weide, die im Wind wehten wie Mädchenhaar. Sie spürte, dass sie nun atmen konnte, frei. Oft saß nämlich ein fetter schwarzer Parasit auf ihrer Brust und schnürte ihr die Luft ab, indem er sie in einen Kokon wickelte. Die hauchdünnen Fäden lagen dann ganz eng um ihre Schultern, die Knie. Die Knospen ihrer Brüste wurden gequetscht. Zu Hause, in der Schule, rang sie – die Erstickungsgefahr war oft ganz nahe. Nun war das Untier von ihr gesprungen, sie merkte, wie sich alles löste, sie ungesehen strampelte und frei kam. „Angelika, was machst du nur mit mir?“ Er strich ihre Wange entlang, in seinem Gesicht lag eine Unsicherheit, die sie nicht verstehen wollte.
(S. 78, im Original kursiv)
© 2014, Picus Verlag, Wien.