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Manfred Rumpl: Im Augenblick des Zufalls.

Roman.
Berlin: Volk und Welt, 1998.
183 S., geb.; DM 28.-.
ISBN 3-353-01118-8.

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Gern blicken wir hinter die Fassade. In der Dichotomie von Innen und Außen sind wir ja seit Freud geschult und erwarten Entdeckungen, wenn wir uns hinter die äußere Fassade eines Menschen wagen. Das Spiel mit dem Verbergen / Entdecken führt uns im Geschlechterkontext auf den "dunklen Kontinent" des Weiblichen, der von Männern nur gar zu gern erforscht werden will und wird. Daß sich die Frauen in den entdeckten Landschaften nicht allzuoft wiederfinden, ist ein anderes Kapitel.

In eine solche für ihn rätselhafte Seelenlandschaft verirrt sich Boris, die Hauptfigur aus Manfred Rumpls drittem Roman "Im Augenblick des Zufalls". Der 30jährige Fotograf aus Straßburg ist eher zufällig in Wien gelandet. Marie, so der Name des geographischen Neulandes, ist Ex-Model, nach dem Tod ihres neugeborenen Kindes von Depressionen heimgesucht. Verlassen vom Kindesvater, ohne Jobaussichten, drogensüchtig, zum Sex mit der ehemaligen Chefin mehr oder weniger verpflichtet, um an Gelegenheitsjobs zu kommen: Die Biographie der Marie liest sich wie die Klischee-Katastrophe schlechthin, und die Begegnung mit Boris und ihre Liebesbeziehung kann den Fall nur für eine gewisse Zeit aufhalten. Der "Strudel der Leidenschaft", den der Klappentext verspricht, verebbt frühzeitig und kaum bemerkt irgendwo zwischen Dunkelkammer und Weinbergen im 18. Wiener Gemeindebezierk, nicht aber die unaufhaltsame Tragödie, auf die der Roman zusteuert.

Die Ausgangssituation: Boris nimmt das Angebot an, für einen Kalender zu Wiener Kulturschauplätzen Fotos zu machen. Die Agentur stellt die Bedingung, daß auf den Fotos Marie abgebildet sein soll. Wie es der Zufall will, fotografiert Boris die unbekannte Marie und findet in dem Augenblick seine Schaffenskraft, sein Vertrauen in die eigenen bis dato vernachlässigten künstlerischen Fähigkeiten. Wie es ein anderer Zufall so will, hat ihm eine Astrologin noch in Straßburg vorausgesagt, daß er noch in diesem Jahr sterben werde. Nur: Er hat ein falsches Geburtsdatum genannt, das von Marie.

Der Leser entkommt weder der Konstruiertheit der Romanhandlung noch den zahlreichen Wien-Klischees. Das Lesevergrüngen schwindet bei all den eindimensionalen Figuren, die den Roman bevölkern - vom russischstämmigen, weltfremden Philosophen Edgar (er ähnelt Trotzki, bereitet seinen Tee natürlich im Samowar zu und: "Najev trank den Wodka in Mengen wie die Frauen den Wein.", S. 69) bis zu Frank, dem unzufriedenen weil zu Höherem berufenen Werbefilmer. Auf der Suche nach geeigneten Fotosujets verkommt Wien zum touristischen Exotikum. Vom ausländischen Naschmarktverkäufer über grölende Neonazis beim Judendenkmal bis zum Selbstmord Konrad Bayers läßt der Autor Manrfred Rumpl keine Banalität aus, um mit der Hauptfigur weiter am literarischen Fassadenbau zu arbeiten.

Ivette Löcker
13. Jänner 1999

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