|
 |
|
Ich habe aber eine Geschichte. Und ich will sie erzählen. Darstellen. Die Geschichte, die das Tor in meine Welt öffnet. Womöglich eine ungünstige Geschichte. Eine mit einer Reihe von belastenden Einflüssen. Ich will mit meinen Angelegenheiten nicht Mitleid erregen. Nicht Ihr Mitleid erregen. Ihres nicht. Ihres bestimmt nicht. Ich spreche nicht einmal von Gerechtigkeit. Hier nicht. Ich will nur mein Recht. Und das zu erlangen, ist schwer genug. Wie bekannt ist. Meine Geschichte und mein Recht sollen nicht an der Sprache scheitern. Ich werde meine Vergangenheit mit einer allgemein verständlichen Stimme deutlich machen. Es ist ein Geschehensablauf mit verknüpfbaren Zusammenhängen. Ich werde meinen Fall nicht mit anderen vergleichen. Das können Sie tun. Ich will auch nicht Ihr Nachfühlen erreichen. Eines aber möchte ich, nämlich ein Bild erzeugen, das darlegt, dass ich nicht anders hätte handeln können, auch wenn ich in jeder Hinsicht, wie man so schön in Ihrer Sprache sagt, zurechnungsfähig bin. Und damit schuldfähig. Fähig, fähig, fähig. Ich könnte schreien. Aber wer würde mich schon hören, frage ich mich, und beruhige mich wieder. Mein Bild soll kein Mitleid hervorrufen und keinen Abscheu erzeugen. Es hat nichts mit Grauen zu tun. Und es wird trotz meines Bemühens um Klarheit und Vollkommenheit unscharf und unvollkommen sein, aber kein Trugbild. Ich werde versuchen, die Sprache der Tat in eine menschliche zu übersetzen. Ich werde mich bemühen, mich verständlich und damit verstehbar zu machen. Sie würden von Erhellen reden. Ich spreche von Entdunkeln. Sie werden natürlich entgegnen, das gehe Sie nichts an, was ich Ihnen selbstverständlich glaube. Ich werde meine Geschichte, abgesehen von der vermeintlichen Furcht, ganz entängstigt erzählen. (S. 10f)
© 2008 Edition Atelier, Wien.
|
|
|