|
 |
|
Er musste geschlafen haben. Gedöst. Als er wieder aufsah, ging der Mann Gianni-Johannes nackt im Raum umher und sah sich um. Dann machte er sich an der Vitrine zu schaffen und rüttelte an dem kleinen Goldschlüsselchen mit der dunkelblauen Quaste. Danach sah er den Mann verschiedene Teller in der Hand halten und mustern. Raubt der jetzt alles aus, dachte er. Aber warum sollte er dazu nackt sein. Er döste wieder weg. Dann hockte der Mann vor dem Spiegel über einem großen silbernen Servierteller, der oben auf der Vitrine an der Wand gelehnt ausgestellt gestanden hatte. Der Rand war in große Rosen gehämmert, die ineinander verschlungen nur einen kleinen Raum in der Mitte freiließen. Wie alles in der Wohnung war das Silber ein wenig verschlampt. In den Ritzen zwischen den Rosen hatte sich ein dunkler Belag gebildet. Die Rosen waren so noch deutlicher zu erkennen. Der Mann sah in den Spiegel. Er hockte mit dem Rücken zum Spiegel und sah sich selber den Kopf verdrehend zu. Er suchte nach einer Position. Verrückte den Teller unter sich und kontrollierte im Spiegel seine Stellung. Dann wandte er sich vom Spiegel nach vorne. Er richtete sich wieder auf. Er war ein älterer Mann. Der Körper ohne Fett und nur eine winzige Schlaffheit das Alter erzählte. Die Haut spannte sich nicht vollkommen prall über die Muskeln und die Knochen. Der Körper des Mannes war nicht behaart. Er konnte die Schamhaare nur undeutlich sehen. Dunkel. Wie die Kopfhaare. Der Mann hatte dunkle kräftige Haare gehabt. Weiße Haare vereinzelt über den ganzen Kopf. Vom Tagesbett waren es mindestens 12 Schritte bis zum Spiegel. Es hätte ihn interessiert, ob die Schamhaare auch mit weißen Haaren durchsetzt waren. Aber er wollte nicht aufstehen. (S. 115 f)
© 2008 S. Fischer Verlag, Frankfurt/M.
|
|
|