Leseprobe:
Andrerseits blieb einem in solch einem Traum, wo nichts sich tat und nur das Gesicht stumm sagte, was es zu sagen hatte, keine andre Wahl, als auf der Stelle aufzuwachen. Und dann nichts wie weg von dem Ort mit der historischen und immer noch, mehr als sieben Jahrzehnte nach dem Einritzen in den Stein, jüngsthistorischen Inschrift vom Glockenläuten bei Weltkriegsende – weggeflüchtet, von der Historie hin zur Gegenwart, und das hieß auch, und vor allem, hin zur Gegenwart Blaise Pascals. Zu seinem Raum im Museum? Nein, hin zum Scheunendach, über Stock und über Stein.
Dort fand ich dann, unter blühendem Holunder, eine Bank; die Scheune – seit langem nur noch für Theateraufführungen und Konzerte bestimmt – im Rücken. Zwar ging der Blick hinab ins Tal, aber von der Klosteranlage, der Kapelle, dem Taubenturm war nichts zu sehen; das Mailaub verdeckte, von da, wo ich saß, jedes Bauwerk, unsichtbar die hundertsoundsoviel Steinstufen im Hang, rein die Natur mir vor Augen. Und so war es auch gedacht. Im Wechsel geradeaus geschaut auf die fingerspitzennahen, vom Mainachmittagswind in einem fort hin und her und auf und nieder geschwenkten zartestweißen Holunderblütendolden und hinauf über die Spitze dieser Naturpagode himmelwärts. Audienzzeit. Still warten. Und dann war es soweit.
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