gäbe es eine hierarchie der sätze der kindheit,
dann stünde jener vom verlorenen krieg ganz oben,
sage ich zu meinem freund eines tages im café central.
aber rechnen wir mit dem schlimmsten und hoffen wir
auf das beste, schreibt er darauf in seinen neuen
lyrikband als widmung für mich hinein.
und übrigens: wie geht's immer?
gut.
und dir?
ich kann nicht klagen.
also guten tag, einen allseits guten tag,
wird rundherum mit großer freundlichkeit vermerkt.
die kindheit ist eine straße, schreibt ein kolumbianischer
schriftsteller mit revolutionärer vergangenheit,
wobei er das wörtchen wie vermeidet,
um aus dieser feststellung
keinen vergleich zu konstruieren.
hat er das wie vergessen oder wollte er es nicht
verwenden, oder ist es beim druck untergegangen,
frage ich mich in der früh im postauto auf der fahrt in die arbeit.
ich zerfalle in immer mehr aussagen,
sagt jemand im dichtgedrängten bus.
aber auch ohrfeigen sind verschieden,
ebenso wie geschmäcker.
genauso wie sich nichts leichter verspricht
als der mund, wie großmutter immer sagte.
ich bin viele abende auf ihrem glucksenden bauch gelegen
und habe mir amerikanische western
im samstagnachtprogramm
angeschaut.
so müsste ich meine kindheitserinnerungen
beginnen. lacht der kolumbianische freiheitsdichter
in einem interview, wobei nicht ganz klar ist,
wie er das meint:
ernst oder bloß witzig.
(S. 5f)
©2001, Skarabäus, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.