Leseprobe:
Wir eilten zu den aus Palmblättern geflochteten Kojen, links neben uns ein rothäutiger Engländer händchenhaltend mit einem zart gebauten Freund. Rechts ein bleiches russisches Paar in Badeshorts, kichernd und küssend. Waren wir hier richtig? Vroni zögerte nicht. Wir sanken in die niedrigen Stühle, betrachteten den Regen, der Löcher in den Sand bohrte. Ich grub meine Zehen tief ein.
– Schau mal! Vroni zeigte mir ein Foto. Als ich das erste Mal meinen Vater getroffen habe, waren wir bei Freunden, und die haben darauf bestanden, dass ich mich anziehe wie eine Einheimische.
Die Stoffbahn aus Seide in kräftigem Türkis ist um Vronis Körper geschlungen, an den Rändern Ornamente aus Gold, um den Hals eine Kette mit Medaillon.
– Steht dir gut. Aber was ist mit deinen Haaren los?
– Sie wollten mich unbedingt kämmen und haben mich erst toupiert, dann das Haar hochgesteckt. Das war der unangenehmste Teil. Ansonsten trägt sich so ein Sari eigentlich angenehm. Ist nur kompliziert anzuziehen.
Auf dem Foto grinste Vroni etwas unsicher über die Verwandlung. Meist waren es die Einheimischen, die verlangten, dass sich die Fremden verkleideten. Ihr Foto verschwand im Schwarz des Bildschirms.
– Ich hätte Lust auf eine Kleinigkeit, du auch? Wer weiß, wie lange das dauert mit dem Regen.
(S. 175)
© 2018 Secession Verlag für Literatur, Zürich