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Leseprobe: Susanne Bock - "Mit dem Koffer in der Hand."

Die Illegalität
Die bürgerkriegsartigen Ereignisse des 12. Februar 1934 setzten unserem vorherigen Leben im Rahmen der Jugendbewegung, sei es als Sozialdemokraten oder was auch immer, sowieso ein Ende; nun waren wir auf einmal alle illegal und konnten ohnehin nur mehr heimlich im privaten Rahmen zusammenkommen und agieren, und wir agierten!
Viele Monate hindurch waren wir unterwegs und verstreuten aus Papier gebastelte sozialistische Parteiembleme in den Straßen, es waren die "Drei Pfeile", oder "Hammer und Sichel", oder Flugblätter mit Parolen, um zu dokumentieren: es gibt uns noch! Wir informierten uns über Durchhäuser, die uns zur Flucht dienen konnten, wenn die Polizei uns verfolgte, wir beschmierten Wände, wozu wir Minium (eine rote Rostschutzfarbe), Kübel und Pinsel verwendeten - Spraydosen gab es noch keine -, sammelten für die Rote Hilfe und fast jeden Samstag Nachmittag trieben wir die Polizei zur Verzweiflung, weil wir immer woanders im 9. Bezirk eine Demonstration veranstalteten, die sich bei Eintreffen der Kieberer (wienerisch abwertender Ausdruck für Polizisten) schnellstens in Luft auflöste. (S. 70f.)

Das Ende des Krieges
Es kam das Jahr 1945, der Krieg in Europa ging zu Ende. Wir in Großbritannien waren glücklich und jubelten. Meine Mutter und ich waren in dem Industriegebiet von Slough, wo wir nun seit drei Jahren lebten und arbeiteten, längst integriert. Wir waren ein Teil der Bevölkerung geworden, verbunden durch viele gemeinsame Erlebnisse bei Versorgungsengpässen, Transportproblemen, Luftangriffen, persönlichen Tragödien, und vielem mehr.
Meine Mutter und ich hatten dort unseren Kreis von Arbeitskollegen und Freunden, das Wohnungsproblem war halbwegs gelöst. Auch in der englischen Sprache waren wir nun so zu Hause, daß sie uns weder beim Sprechen, beim Lesen, noch beim Schreiben Schwierigkeiten bereitete.
Auch mein Mann, inzwischen aus dem Militärdienst entlassen (siehe Kapitel Erlebte Politik) hatte sich, immer wieder gelegentlich arbeitend, mit seiner Situation des der Repatriierung entgegenfiebernden aber ansonsten abwartenden Zeitgenossen abgefunden. [...]
Inzwischen hatten wir die ersten Nachkriegsnachrichten aus Wien erhalten. Sie erreichten uns zwar immer noch auf Umwegen, nämlich über die Tante in der Schweiz, waren aber nicht mehr monatelang unterwegs gewesen, sondern von großer und recht trauriger Aktualität. Hatte man immer noch bezüglich der eigenen Familie und der besten Freunde gehofft, sie wären dem schrecklichen Schicksal der Deportation und ihrer Folgen wie durch ein Wunder entgangen, so mußte man jetzt zur Kenntnis nehmen, daß es keine Wunder dieser Art für sie gegeben hatte. Von den in Vernichtungslager Deportierten - mein Vater war einer von ihnen, er wurde 1942 schwerkrank aus seinem Spitalsbett geholt und hat, wie ich annehme und auch hoffe, nicht einmal den Transport nach Minsk, dem Ziel seiner Deportation, überlebt - hatte man nichts mehr gehört, ihre erbarmungslose Vernichtung mußte man zur Kenntnis nehmen. Alle in Wien verbliebenen, in Mischehen lebenden Familienmitglieder waren, durch die Treue ihrer Partner und durch verschiedene glückliche Umstände, am Leben geblieben. Das war unser Informationsstand in England unmittelbar nach Kriegsende. (S. 206ff.)

© 1999, Passagen, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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