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Leseprobe: Bernhard Aichner - "Babalon"

Fotografien

Der Handspiegel daneben ein
Glas Grappa ohne Schuhe in kurzen
Hosen am Dorfplatz. Sizilianischer
Mittag.

Ein Brief an sie nach Monaten neben
dem Glas tut es ihm leid und er weiß
wie er war.

Sein Gesicht hat er nur kurz gesehen
und dann die Fotografien in den Zei-
tungen wer kennt diesen Mann ein
bescheidenes Gesicht ausdruckslos
nur etwas Fragendes in den Augen
für immer unbeantwortet erschossen
an der Raststation zehn Kilometer
von da wo er wohnte.

Er sucht nach Worten. Es ist wie
etwas das schwer ist und man keine
Kraft hat und man will und es regt
sich kaum. Nur wenig. Aber es
bewegt sich.

Er war da. An der Raststation. Er hat
fotografiert sein Gesicht während er
starb nur ein Augenblick zu ihm
gewandt der Finger am Auslöser in
diesem Moment nur was er sieht
hinter der Kamera und er ein Bild
nach dem anderen macht und er
taumelt bis er zu Boden fällt mit
dem Rücken zu ihm und liegen
bleibt und sich nicht mehr rührt
und sie sich über ihn beugen mit
der Waffe auf ihn gerichtet ob er
noch lebt und sie sich aufrichten
und einfach nur da stehen regungs-
los ihn anschauen jetzt die Waffen
gesenkt die Blicke in seinen Rücken
und er hastig den Film wechselt
und fotografiert.

Noch eine Stunde bis sie ihn weg-
bringen im Leichenwagen und nichts
mehr bleibt als eine Blutlache hinter
einem rot-weiß-roten Band das ihn
von der Wirklichkeit trennt. Noch ein
Glas weil alles so nah ist.

Er lebt jetzt im Zubau eines Hofes
klein jeden Tag Kilometer im Lkw zu
den Orangen dann am Dorfplatz so
lange bis es weh tut.

Er wußte nichts nur sein Gesicht
kurz bevor er tot war weil er einfach
da war den Wagen getankt etwas zum
Trinken gekauft ohne Ahnung und
nichts das irgendwie anders war bis
plötzlich überall Polizei und er ein-
fach da stand aus dem Nichts und
dann Schüsse. Er greift die Kamera
auf dem Rücksitz und fotografiert
was passiert ohne daß er versteht
und dann sein Gesicht wie er ihn
anschaut in sicherem Abstand kurz
bevor er stirbt zwei Sekunden drei.
Sein Gesicht das um Hilfe bettelt.
(S. 69ff.)

© 2000, Edition Löwenzahn, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

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