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Leseprobe: Andrea Grill - Liebesmaschine N.Y.C.

Ich gehe und gehe, kann nicht aufhören zu gehen. Am Bügeleisenhaus vorbei, meinem Lieblingsbauwerk, wie für die meisten New Yorker; bin eben hier zuhause. Kaufe Obst in einem Biogeschäft am Union Square, kaufe zusätzlich Weintrauben am Farmers’ Market, fahre, kiloweise Obst an den Armen, zur Penn Station, dränge mich zwischen die anderen Pendler, trage zu schwere Taschen. Wie alle? Der Schaffner nimmt die Fahrkarten, zwickt sie und behält sie. Unter Metallklammern auf den Lehnen der Sitze steckt er Stückchen Karton mit geheimnisvollen Nummern und Buchstaben. Bei meiner ersten Fahrt habe ich ihn so fragend angesehen, dass er mir das Ticket doch zurückgab. Mittlerweile kennt er mich wohl schon.
In New Brunswick ist der Bus am Bahnhof gerade weggefahren. Weil ich kein Smartphone besitze, weiß ich nicht, wann der nextbus.com geht. Ich nehme ein Taxi, einmal am Tag ein Taxi zu nehmen, kann man sich leisten, habe ich beschlossen, es gibt jeden Tag eine Gelegenheit, wo es unabdingbar ist, ein Taxi zu nehmen.
Als ich mit meinen Gastgebern an der Rutgers Universität korrespondierte, bevor ich anreiste, schrieb ich scherzend: ich stelle es mir romantisch vor, mit dem Taxi Einkäufe zu erledigen, mit dem Taxi zum Supermarkt zu fahren.
Hinter dem Baumwipfelschiebefenster hör ich, wie fast jede Nacht, abends um halb elf ein Auto mit laufendem Motor eine Weile verharren. Ich spreche mit mir selber über das Auto, spreche von dem Auto, denke an das Auto als wäre es ein eigenes Wesen, denke nicht an den Fahrer, die Insassen, denke nur an das Auto mit seinem Motor der mich stört. Außer dem Motor höre ich die Ventilatoren der Heizung.
Den Kühlschrank.
Die Alarmsirenen der Polizei oder Rettung. Als wäre ständig jemand in höchster Gefahr.
Der Wind. Das Haus scheint sich im Wind zu biegen wie ein Haus aus Gras. Ob das erdbebensicheres Bauen ist? Ich habe das Gefühl. Ich lebe in einem Puppenhaus, dessen Papierwände jeder mit der nackten Faust durchstoßen kann. Wenn er will.
Im Boden unter dem Teppichboden gibt es Beulen. Das Haus ist jung, höchstens zwanzig Jahre alt, aber schon marode. Ich kann es nicht gesund pflegen, selbst wenn ich möchte. Es leidet an einem Fertigteilvirus. Weil es stets nur Behälter für ein vorübergehendes Leben ist, weil niemand sein Herz an dieses Haus hängt, ist es verfrüht gealtert.

(S. 54-56)

© 2012 Otto Müller Verlag, Wien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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