Leseprobe:
Der Februar hat schon wieder gelogen. Gleich in den ersten Tagen dieses trügerische Tauwetter mit seinem Versprechen von Frühling und Wärme. Und jetzt ist über Nacht die Kälte zurückgekehrt. Der Abend des Rosenmontags legt dünnen Schnee auf zerschossene Wohnhäuser. Bei manchem Nachtmahl fehlt jemand. Es ist der 12. Februar 1934.
Die Buben sind allein in der Wohnung. Draußen dunkelt es, und den beiden wird bang ums Herz, die Eltern sind immer noch nicht nach Hause gekommen. Dabei war doch ausgemacht, dass die Mutter sie heute zum Maskenfest der "Kinderfreunde" begleitet. Der neunjährige Karli freut sich seit Wochen darauf. Er ist bitter enttäuscht und wütend auf die Mutter, die ihr Versprechen nicht hält, wo sie die seinen doch immer bedingungslos einfordert. "Es wird einen wichtigen Grund geben, sie werden aufgehalten worden sein", mahnt Slavko, der in wenigen Tagen seinen dreizehnten Geburtstag feiern wird, den kleinen Bruder zu Geduld.
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© 2018 Picus Verlag, Wien