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Leseprobe: Bernhard Aichner - Die Schöne und der Tod

Max gräbt. Außer den alten Weibern ist niemand am Friedhof. Wie sie zu dritt zusammenstehen und flüstern. Wie die Erde nach oben fällt. Wie sie ihm zuschauen, wie Max langsam im Grab verschwindet.
Er hat kaum geschlafen, nach vier Stunden lag er wieder wach, drehte sich hin und her, hörte Baronis Schnarchen. Dann ging er nach unten und begann zu graben. Um acht kam Dennis. Er befestigte die Schalung, die Erde war am Fußende des Grabes etwas eingebrochen, die Bretter, die sie zurückhalten sollten, hatten sich gelöst. Dennis und Max wortlos.
Wie die Erde nach oben fliegt. Wie die Schaufel wütend nach oben und unten geht, wie sie in die Erde eintaucht, wie er sie weit nach oben wirft. Dennis verkeilt die Bretter, drückt, schiebt, er weiß, was er zu tun hat, Max hat ihm alles beigebracht. Max gräbt. Dass der Junge da ist, stört ihn, er möchte das Grab alleine graben, er möchte seine Ruhe. Aber er sagt nichts, lässt Dennis seine Arbeit machen, der Junge kann nichts dafür. Dass Marga tot ist. Dass Emma in seinem Bett liegt. Wortlos graben sie. Margas Grab.
Max schwitzt. Er steht in einem Loch und schaufelt.
Er will nicht an sie denken, er will sie aus seinem Kopf haben. Emma, Schaufel für Schaufel. Er will nüchtern sein, wenn er hinaufgeht zu ihr, wenn er mit ihr redet. Er hat Angst davor, vor ihr, vor ihrem Lachen, vor der Erinnerung, die nach oben kommt wie Erde, Angst vor seinem Herzen, das wieder weh tun könnte, das bereits zu schreien begonnen hat, als sie in der Tür stand am Vortag. Max gräbt tiefer, er will verschwinden, tief unten liegen bleiben, still. Damit sie ihn nicht sehen, ihn nicht finden kann.
(S. 28)

– Armer Kerl.
– Ist wohl das Beste so.
Max hört es, den letzten Satz, lauter als die anderen. Er will ihm seine Nase brechen, mit der Faust in sein dummes Gesicht schlagen, er will ihn so lange treten, bis er still ist, bis er nichts mehr sagt, nichts mehr über den Jungen. Er will auf ihn springen, ihn zu Boden drücken, ihm weh tun. Bis Dennis wieder aufwacht, ihn anlacht. Mit ihm nach Hause geht. Doch Max tut nichts. Gar nichts.
Wie er sich einfach umdreht und weggeht über den Dorfplatz. Er macht die Augen zu, geht ohne etwas zu sehen über den Schnee. Er zieht die pinke Jacke aus und lässt sie auf den Boden fallen, lässt sie einfach liegen. Er will zurück zu Emma, sich in ihr verkriechen, sich verstecken unter ihrer Haut im Dunkeln, sich von ihr halten lassen. Er will alles vergessen, was er gesehen hat. Er geht schnell. Trotzdem kommt er zu spät.
(S. 131)

© 2010 Haymon Verlag, Innsbruck-Wien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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