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Jürgen Benvenuti: Kolibri.

Thriller.
Innsbruck: Haymon Verlag, 2005.
358 S.; geb.; Eur 19,90.
ISBN 3-85218-469-X.

Link zur Leseprobe

Vielleicht hätte er gleich in Costa Rica bleiben sollen. Oder wenigstens nicht bei dieser Ach-so-bio-Amnat-Firma anfangen sollen. Und vielleicht hat er auch sein Versprechen, das er dem alten Rocín gegeben hat, ein bisschen zu wörtlich genommen. Ein Haufen Geld ist schon gut. Und Orchideen züchten erst recht. Aber in Wien lässt sich derart Exotik schwerlich in die Tat umsetzen. Außer man gerät durch ein paar Zufälle und Missverständnisse auf die schiefe Bahn. Unabsichtlich natürlich.

Situationskomik im positiven, im ursprünglichen Sinne ist allgegenwärtig in Jürgen Benvenutis neuntem Buch. Nach "Harter Stoff", "Das Lachen der Hyäne" und dem äußerst erfolgreichen und hochgelobten "Barcelona Blues" legt er nun einen Thriller vor, der mit allen Duftwassern gewaschen ist. Und mit viel Rosenöl.

Karl Michael Baumgartner, Biochemiker, der für die Diplomarbeit in Costa Rica forschte, kommt in seine Heimatstadt Wien auf der Suche nach einem lukrativen Job: er hat versprochen, mit viel Geld nach Lateinamerika zurückzukehren und beschlossen, dort als Orchideenzüchter ein beschauliches Leben zu führen. Aber wie so oft kommt alles anders, als er denkt. Auch wenn er zunächst einmal seine gut bezahlte Stelle gefunden hat, bei einer Biokosmetik-Firma am Stadtrand. Doch genau das wird ihm schließlich zum Verhängnis.

Dabei fing es eigentlich gar nicht so schlimm an. Im Labor ist eine Zentrifuge zu Bruch gegangen. Schon ein ziemlicher Schaden, aber glücklicherweise ist niemandem etwas passiert. Bis auf ein paar allergische Reaktionen auf das entwichene Rosenöl, denn der Abzug war zu allem Überfluss leider auch noch defekt. Eine Sauerei, wenn man es genauer betrachtet, warum beachtet eine so reiche Firma die Sicherheitsvorschriften nicht? Warum auch immer, Beschwerden hat man hier jedenfalls nicht gern. Und als Karl entlassen wird, sich folgerichtig betrinkt, und dann in bedenklichem Zustand noch einmal in die Fabrik zurückkehrt, um seinen Job zurückzufordern, überstürzen sich die Ereignisse.

Der Entlassene wird zum vermeintlichen Bombenleger und Geiselnehmer, Umweltschützer und Medien belagern die Fabrik am Stadtrand, man wittert die große Story, Karls Ex-Freundin nützt die Gelegenheit, um ihre Karriere beim Privatfernsehen voranzutreiben, auf dem Stephansplatz läuft eine ungewöhnliche Spendenaktion, und ein Chef und sein Gentechniker versuchen, ihre Machenschaften zu vertuschen. Die Weste der Naturkosmetikfirma ist nämlich alles andere als grün. Und "eine Rose ist eine Rose ist eine Rose", stimmt auch nicht mehr unbedingt, dank der finanziellen Vorteile so mancher Genmanipulation.

Jürgen Benvenuti beherrscht sein Handwerk, das steht außer Frage. Gekonnt wird Spannung aufgebaut, klassisch, in angloamerikanischer Krimitradition. Durch bewusstes Vorenthalten von Information schürt Benvenuti die Neugier seiner Leser, schüttelt sie von Schauplatz zu Schauplatz durch den Plot, der an sich etwas recht Skurriles hat, etwas Schräges in seiner Konsequenz, die das Unheil seinen Lauf nehmen lässt. Kleine Ursache, große Wirkung.

Benvenuti lässt seinen ahnungslosen Protagonisten über ein Wespennest aus Packelei, Gier, verlogenes Bio-Gehabe und finsteren Machenschaften stolpern, und-wie erwartet -die Wespen schwärmen aus. Die Figuren bestechen durch ihre allzu menschlichen Schwächen; kleine, beinahe augenzwinkernde Bosheiten und größere skandalträchtige Schweinereien sind an der Tagesordnung, jeder ist sich selbst der nächste, und die Interessen der Mitmenschen können nur allzu widersprüchlich sein.

Mit feiner Beobachtungsgabe zeichnet Benvenuti seine Typen, den tolpatschigen Karl, der alles ins Rollen bringt, den Firmenchef, der ohne seine Beziehungen auch nur ein armes Würstchen ist, den Arzt, dessen Eltern ihm alle Freundinnen vergraulen, und den Bombenentschärfer, der im Begriff ist, sich in die Exfreundin des vermeintlichen Bombenlegers und Geiselnehmers zu verlieben, der noch so manchen überraschenden Auftritt vor Publikum haben soll.
Ein mitreißendes, witziges, zeitkritisches Buch -mit einem Wort: sehr vergnüglich zu lesen.

 

Sabine E. Selzer
28. Februar 2005

Originalbeitrag

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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