Just Apeshit? Gorillaz im Nebel
Im Frühjahr 2001 brachen die Gorillaz über uns herein: eine Konzeptband, mit verstörend-betörendem Sound. Fraglich bleibt, ob sie ihr Potential entfalten oder als Beispiel einer gewitzten Marketingstrategie enden werden. Hierzu ein paar quengelige Überlegungen.
In der Beschäftigung mit dem Bereich Pop sehen wir uns immer wieder mit den Begriffen des Wunderbaren und der Desillusionierung konfrontiert. Wie ist aber deren Verteilung am behandelten Beispiel anzusetzen, besonders beim Vergleich mit anderen konstruierten Popwundern? Ein möglicher Antwortsplitter findet sich in der Sicherheit, daß Pop auch als gelebte Dissidenz (Waltz) Gültigkeit haben kann. Ist dieses Moment der Abspaltung in den Gorillaz aber gar so lebendig? Die ersungene Differenz ist hier wohl auch mit dem mittransportierten Gefühl des ennui in Verbindung zu bringen: auch wenn auch dies die naheliegende Kritik hervorgebracht hat, die Gorillaz seien von sich selbst gelangweilt (Nemeth).
Die andauernde Virtualisierung des Pop geht aus einer Entwicklung hervor, die auf klaren mythologischen Elementen fußt: war es zuerst die Bemalung der Gesichter, dann der Einsatz von Masken, ist nun ein endgültiger Verlust einer Identifizierbarkeit und tatsächliche Körperlosigkeit eingetreten. Im Falle der Boygroups, die hier als Negativbeispiel dienen können, finden wir den ersten Schritt einer Virtualisierung gegeben: aus einer Menge nichtssagender Bewerber wird eine neue Combo zusammengeschweißt, ein Placebo für die Nichterwählten, weil genauso langweilig und unreif - und eben nicht gelangweilt - wie ihr Publikum. Daß die vom Pop ursprünglich angestrebten Augenblicke gemeinsamen Erlebens (Magdanz) hier sehr geschickt umgewertet werden, soll auch nicht vergessen sein. (S. 30)
© 2003, Triton Verlag, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.