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Thomas Perle: Wir gingen weil alle gingen.

Leseprobe (S. 65-67)

zurück. zuruck zuruck war aus karls mund zu hören.genug geflüchtet. zuruck zahaus.trümmer überall. im dorf im tal die häuser entlang der hauptstraße verbrannt, die brücken gesprengt. die häuser geplündert. auch das eigene.

doch eine neue zeit war da. alle waren jetzt genossinnen
und genossen.
und anna feierte hochzeit im haus. fand sich als erste einen walachen, einen gendarmen. die zweite, bertha einen deutschen, tatsächlich, der aus sibirien zurückgekehrt. dann theres und erika. sie alle gebaren die nächste generation. mehr buben nach dem krieg. ein einziges mädchen, auf das die großeltern zufrieden und glücklich schauten.

karl und margarethe waren jetzt alt. hießen jetzt károl bácsi und margit néni. so wurden sie von allen genannt. hielten sich immer noch gern die hände, die knorrig wie die wurzeln oben im holz.

feierten goldene hochzeit und bereiteten sich vor auf
den tod.
sie suchten sich einen schönen platz am friedhof, an der hauptallee wollte sie unbedingt unter die erde, wenn es an der zeit. und er willigte ein, kaufte auf zwanzig jahre ein schönes grab.

jeden sonntag zur deutschen sonntagsmesse. sie konnte nicht mehr. ihr herz, das schon zu schwach, ließ sie nicht mehr aus dem haus.
die zwei jüngsten töchter saßen bei ihr am bett und beteten. nach der messe läuteten die glocken. da trat die gemeinde hinaus auf den vorplatz der kirche.
fer wem? für wen das totengeläut?, fragte er die menschen um ihn herum. die schauten stumm. und dann sagte einer tie margit néni, enger weib.
er hörte es, sein ohr hörte es ganz dumpf und er wank­te, humpelte mit krummem schienbein und am stock so schnell er nur konnte von der kirche heim zu seiner toten frau. und kniete nieder und nahm ihre hände und weinte und weinte und stand gar nicht mehr auf.

beinah täglich sah man ihn den berg hinauf und wieder hinunter. den morastigen weg hinauf zu ihrem grab. das herz war ihm schwer wie seine beine.
csókolom!, grüßte man und wenn er es gehört hatte, schaute er und lüftete den hut.
im frühling legte er ihr margeriten auf das grab. und probeweise sich dazu.
der tod der schüttelte nur mit dem kopf.

im sommer ging die jüngste tochter auf reisen in den westen und kam nicht wieder.
der herbst färbte die blätter bunt wie jedes jahr. und als der winter kam, da wurde er plötzlich wach und glücklich und lebensfroh. sprach vom reisen. dass auch er sich nach reisen sehnt.
eine kur für die lungen. die töchter halfen beim packen. backten kuchen, schmierten brote. standen an den gleisen und winkten ihrem vater zu.
und als kein anruf von ihm kam von der kur, sagte eine frauenstimme in der leitung, ein karl sei niemals angekommen dort.

© 2018 Edition Exil, Wien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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