Ich schließe die Augen, als ich die Hand zum Mund führe, und höre, wie er "Sehr gut, sehr gut, sehr gut" murmelt. Er hat mich zur Komplizin erkoren. Novizin, angehende Wasserpriesterin?
Ich nippe, lasse das Wasser in meinen Mund hinein, unter die Zunge rinnen, ich trinke.
Kalt
Grün
Süß
Schattig
Rund
Leise
– Mit einem Hauch von einem Gewürz, das ich nicht ganz klar erkenne. Nach einem zweiten Schluck sage ich ihm, was ich rieche: "Kalt, grün, süß, schattig, rund, leise. Mit einem Hauch von einem Gewürz."
Ganz still ist es nun. In seinen Gesichtszügen arbeitet es. Sie verziehen sich zu einem undefinierbaren Ausdruck. Lächelt er?
"Hervorragend, hervorragend, erstaunlich, erstaunlich", ruft er plötzlich aus. Was für ein Gewürz, was für ein Gewürz, sagen Sie!?"
Ich trinke nochmals, ich suche nach der Verknüpfung des Geschmacks, den ich kenne. Suche nach dem richtigen Namen, etwas Ungewöhnliches. Soviel weiß ich, etwas Süßes mit einem Hauch von Schärfe.
Dann taucht eine Farbe vor meinen geschlossenen Augen auf, Orange, und dann die Blume dazu. "Kennen Sie Kapuzinerkresse?", frage ich ihn. "Eine Sommerblume, deren Blüten man essen kann. Die Blütenblätter sind zart wie Sahne, mit einem Hauch Schärfe: Wenn man die ganze Blüte zerkaut, wird es wieder süß. Im tiefen Blütenkelch der Nektar. Genau das ist es."
(S. 78 f)
©2008 Kyrene Verlag, Innsbruck.