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Günther Nenning: Anders gesehen.

Wien: Ueberreuter, 2002.
200 S., geb., EUR 19,90.
ISBN 3-8000-3864-1.

Link zur Leseprobe

BIBEL, GRÜNTUM, KRONE:
Günther Nenning, soviel steht fest, noch bevor man die Artikelsammlung aufschlägt (die Texte sind vor allem der "Krone" und der "Presse", zum Teil aber auch anderen Blättern entnommen), ist österreichisches Urgestein. In früheren Tagen seine Wortmeldungen, in neuerer Zeit seine Krone-Glossen, markieren wohl so etwas wie eine Position des "gerade noch akzeptabel Linken" innerhalb des großkoalitionär geprägten und wohl eher reaktionär angehauchten politischen Artikulations- und Rezeptionsspektrums, mithin den Tellerrand von "vernünftigem" Diskurs in diesem Land. Was nicht bedeutet, daß es nicht auch diesseits dieser Marke ab und an polemisch werden darf.

"Anders gesehen" bietet wenige seiner Inhalte tatsächlich aus "anderer" Sicht, bringt dafür aber alle - und höchst verläßlich - auf das, was dem Volk, dem aufs Maul zu schauen Nenning nicht verschmäht, als "Punkt" gilt. Bei der Lektüre entgeht man nicht seinem begrifflichen Kosmos, der sich vielleicht - polemisierend - wie folgt umreißen läßt: "Was nicht in der Bibel steht, steht im Kapital. Und was nirgends steht, ist mir gestern beim Wirtn eingefallen, wie ich mich an die Hainburger Au erinnert hab'." Darin besteht seine Akzeptanz als "Linker" in der Krone: Er greift die klassischen Probleme des Kapitalismus auf, beziehungsweise die Themenfelder, in denen sein Stammpublikum die Entfremdung ortet, die dieser mit sich bringt, doch er versteht es, solchem Kontext mit geradezu antidialektischer Verve zu Leibe zu rücken: Schlussfolgerungen, wo sie als solche gezogen und nicht in Fallbeispielen und rührigem Erinnerungsgestus verpackt werden, erweisen sich stets als Teil dessen, was "man eh immer schon gespürt hat". Das Unwort vom gesunden Volksempfinden möge dennoch unzitiert bleiben, zieht sich doch die Tendenz zu dergleichen Schemata durch nahezu den gesamten Presseapparat.

Daß Nennig auf diese seine Art auch bei klassisch "linken" Positionen als Ergebnis seiner Betrachtungen landet und diese auch als solche verkaufen kann, ist sicherlich auch, aber bei weitem nicht nur Sache des rechtsplatzierten Signalvokabulars und des findig vollzogenen Wechsels vom Besonderen ins Allgemeine beziehungsweise retour. Vielmehr weist diese Tatsache auf eine Schwäche der demokratischen Linken seit jeher: Die sozusagen demokratische Anpassung vollzogener Denkschritte an einen rethorischen kleinsten gemeinsamen Nenner des Publikums, ans "Einzelschicksal".

Nenning hat keine Berührungsängste. Er erlaubt sich, selbständig zu denken. Daß er dabei manchmal - um nicht zu sagen meistens - an den falschen Stellen die Argumentationslast vom Großhirn in den Bauch verlagert, der gesättigt ist mit emotional wohlaufgeladenen Versatzstücken des "abendländischen" bzw. "österreichischen", macht dieses Buch zu einem nicht unwichtigen Zeugnis der österreichischen Seele und ihres mitunter erschreckenden Waberns.

 

Stefan Schmitzer
26. Februar 2002

Originalbeitrag

 

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