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Paul Divjak: In der grauen Lagune.

Wien: Czernin, 2010.
180 Seiten; geb.; Euro 16,90.
ISBN 978-3-7076-0312-5.

Link zur Leseprobe

Pop? Literatur? (Ver-)suche? Was genau Paul Divjak da vorgelegt hat, ist nicht leicht zu beantworten. Etwas zusammengewürfelt anmutende kurze und längere Prosa, Dramatik und Lyrik. Thematisch wie stilistisch breit gestreut. Da gibt es Alltagsgeschichten, Mediengeschichte, Sexgeschichten, Liebesgeschichten, Umweltgeschichten, Lebensgeschichten, da wird philosophiert, ironisiert, parodiert, polemisiert, da wird gestritten, geliebt, gehasst und nicht zuletzt: da wird Sprache ausgetestet. Es wird beim Lesen der Texte zunehmend spürbarer, dass der Autor auch Musiker, Konzeptkünstler und Kulturwissenschaftler – was auch immer das konkret heißen mag – ist, und neben seinen Texten in unterschiedlichen Medien unterwegs ist: in Hörspielen und Filmen, in der Musik sowie in Installationen.

Bandbreite in Thematik und Stilistik allein, und auch der in den Texten prinzipiell spürbare Versuch, sich künstlerisch verschiedenen Textsorten anzunähern und in und mit ihnen Sprachexperimente anzustellen, sind noch keine Qualitätsgarantie an sich. Man möchte also anmerken, dass nicht alle Texte gleich gelungen sind und so mancher wie ein trauriger Platzfüller wirkt.
Über die schwachen zu schreiben wäre langweilig. Deswegen sei hier nur die Freude über die (subjektiv empfunden) stärksten nachgezeichnet, nämlich die an Anfang und Ende des Buches gesetzten kurzen und langen Prosastücke des Autors. Am Beginn findet sich ein vielversprechendes, sprachverspieltes, grammatikalisch bewusst fehlerhaftes "Vorworten", das der Autor mit der Aufforderung beendet: "Vorliegende Buchen wollen machen Muten, wollen geben Anstoßen. Wollen sagen: kein Angsten, nicht groß Problemen. Und Scheitern immer noch ein guten Möglichkeiten. Aber wenn nicht probieren, versäumen. Besser: nutzen Gegenwarten, nutzen Zeiten mit Staunen. Genießen Leben. Jeden Tagen eigene, ausgefüllten Leben."

Danach folgen zwei kurze Prosatexte, welche flüchtige Szenen eines Alltags und Selbstbefragungen poetischer Natur darstellen. Nach einem einzeiligen und einem weiteren kurzen Gedicht, die wie Filmschnitte wirken, folgt eine erste längere Erzählung, die aus der Perspektive eines weiblichen Ichs ebenfalls gekonnt einen Alltag zwischen Liebesbedürfnis, regelmäßigem Besäufnis und darauf folgendem Kater, frustrierenden sexuellen Erfahrungen und Beziehungs(un-)fähigkeit einfängt und dabei schlicht Spaß macht: "Der Anruf meiner Mutter führt mich zurück in eine kleine Welt. Lust spricht eine andere Sprache." ... "Der Film ist durchzogen von Unschärfen, Fehlbelichtungen, stürzenden Linien und falschen Ausschnitten." ... "Die Nacht und die Träume kosten mich ungeheure Anstrengung. Es sind Stimmungen und Geschehnisse der Nacht, die mich erschöpfen, die mich morgens lahm legen, mir die Kraft für den neuen Tag nehmen."

So viel Spaß wie auch Unbehagen macht dann nur noch der vorletzte Text, ein dramatisierter (innerer?) Monolog einer Neunzigjährigen, Frau Neuberger, die fernsehend ihr wechselhaftes Leben Revue passieren lässt und dabei das Fernsehprogramm kommentierend ein streckenweise groteskes Abbild von Gegenwart und Vergangenheit gibt. Abgründe wie Highlights, Schreckliches, Historisches, aktuell Politisches und durch die Medien Geisterndes werden aneinandergereiht, wobei der Monolog vor allem durch das Montieren von vielerlei Banalitäten und Absurditäten lebt: "Die haben ja so wenig Samen, die Männer. Jetzt haben's appelliert, dass die Soldaten Samen spenden. Das schau ich mir an..."

Allein für dieses Drittel an Texten (sowie für ein paar andere) lohnt sich die Lektüre des Bandes auf jeden Fall. Also: kein Angsten. Lesen probieren, nutzen Zeiten mit Staunen!

 

Elena Messner
15. April 2010

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

 

 

 

 

 

 

 

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