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Hanno Millesi: Venusatmosphäre.

Novelle.
Wien: Edition Atelier, 2015.
TEXTLICHT REIHE.
48 Seiten; Paperback; Euro 7,95.
ISBN 978-3-903005-06-8.

Autor

Leseprobe

Das Leben einer alleinstehenden und allein lebenden Frau verlässt für kurze Zeit die gewohnten und in deren Alltag so wohl geordneten Bahnen: Sie erwacht nach einer durchfeierten Nacht ohne Erinnerung an die letzten Stunden oder an den Nachhauseweg nackt in ihrem Bett. Nachdem sie neben sich einen schlafenden Mann entdeckt, versucht sie, „wie tot dazuliegen“ (S.15) und „in Form totaler Bewegungs- und apathischer Teilnahmslosigkeit Widerstand zu leisten, denn in diesem Stadium ließe sich ein Rausschmiss nur auf ausgesprochen mühselige Art und Weise durchführen“ (S.19). Dabei wandern ihre Gedanken im Stile eines inneren Monologs, jedoch streng der auktorialen Erzählform verpflichtet, zu verschiedenen Themen und charakterisieren sowie demaskieren – auf ironische Weise – sie und ihr Leben: „Könnte sie sich doch bloß daran erinnern, was er über sich erzählt hatte. Zweifellos war er auf seinen Beruf zu sprechen gekommen, derartige Basisinformationen holte sie für gewöhnlich gleich anfangs ein. Für gewöhnlich. Für gewöhnlich erwachte sie allerdings nicht in einer solchen Misere. Für gewöhnlich hatte sie alles unter Kontrolle, tanzte alles nach ihrer Pfeife. Einer möglicherweise ausgekühlten, aber immerhin unabhängigen Pfeife.“ (S.25)

Während er sich im Bad seiner morgendlichen Toilette widmet, entwirft sie – noch immer beharrlich eine Begegnung mit ihm verweigernd und tot gestellt im Bett – mögliche Bilder des vergangenen Abends, seiner Person und was sein nunmehriges Weggehen über ihn aussagt. Dann verlässt er allerdings früher und ohne Aufsehen die Wohnung, was sie tatsächlich nicht erwartet hat, obwohl das ganz in ihrem Sinn sei, denn: „Besäße dieser Mensch nur einen Funken Anstand, würde er ebenso ankündigungslos verschwinden, wie er aufgetaucht war.“ (S.22f.) Und das tut er dann auch. Trotzdem scheint sie damit nicht ganz zufrieden zu sein: Längst geht es nicht mehr um ihn und seinen Weggang, sondern um sie selbst, denn als sie hört, wie die Wohnungstür hinter ihm ins Schloss fällt, registriert sie es nur am Rande und macht mit ihren Gedankenspielen munter weiter.

Als sie danach aufsteht, entdeckt sie, dass er die Toilettenspülung zu betätigen vergessen hat und gerät – in Anbetracht seiner Exkremente – gedanklich und ihre Existenz betreffend auf neues Terrain: „Vielleicht war sie die ganze Zeit über vor etwas davongelaufen, das sich, genauer betrachtet, nur unwesentlich von ihrem Ebenbild unterschied, hatte sich, um mit sich alleine zu sein, vor etwas in Sicherheit gebracht, das in mancherlei Hinsicht ihrem Wesen entsprach.“ (S.44) Hier gelangt der Text jedoch nicht in die Fänge einer herkömmlichen und oft so ungeschickt anmutenden Bewusstwerdung eines eigenen Seins, denn in der Verknüpfung mit der grotesken Situation angesichts seiner Exkremente erhält das Geschehen gewöhnliche, menschliche, ja fast tragikomische Züge. Da erhöhen sich dann auch die Sympathiewerte gegenüber der verklemmten und verlegenen Frau: Vielleicht ist es die im Titel genannte Venusatmosphäre, die sich ihr hier eröffnet. Doch ob sie es schafft, diese auch festzuhalten, bleibt offen. Und ihre Wandlung wird auch sofort wieder in Frage gestellt: „Sie hatte gar nicht das Gefühl, so etwas wie das letzte Wort zu beanspruchen, sondern sich auf irgendetwas einzulassen. Es könnte aber auch sein, dass sich ihr Bedürfnis, die Toilette zu benützen, nicht länger hinauszögern ließ.“ (S.45)
Diese letztliche Wendung des Textgeschehens: ein echter Kunstgriff.

Lydia Haider
10. Februar 2015

Originalbeitrag
Für die Rezensionen sind die jeweiligen VerfasserInnen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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