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Elke Laznia: Lavendellied.

Leseprobe 1

ich erinnere mich, tat so gesund, war aber krank, hatte die Ohren voll und die Nase, das hörtest du heraus und kamst, ich mache einen Hausbesuch, sagtest du, obwohl ich es nicht wollte, war müde und alt, und du mit deinem schweren Herzen fühltest meinen Puls, hattest warme Hände, schautest in meine Ohern, zupftest mich zurecht, in meine Augen, es ging mir gleich besser, bin so berührbar, so leicht wiederherzustellen, wir sind wie Brüderlein und Schwesterlein, haben wir einmal lachend gesagt, da hatten wir noch Stimme und Anlass zu lachen, waren einander nicht böse, obwohl es immer einen Grund dafür gab, ich umarmte dich, weil du nicht wusstest, wohin mit dir, wohin mit deinem Körper, der dir selbst ein Fremdkörper war, und wohin mit deinem zerbrochenen Kind, es hatte nicht Platz im Uterus deines Schädels, es bröckelte heraus, zerbröselte dir, da half alles nichts, die Bilder waren nicht zu vergessen, hatten sich eingebrannt, weder mein Umarmen noch dein Verirren in meinen Ohren half, nichts half, und es war trotzdem gut, wie es war, wir standen einfach da eine Zeitlang, und dann gingst du, es war nicht anders als sonst, wir waren andere, wie immer,
das Reden mit dir bekümmert mich, werde hoffnungslos, weiß nicht, so stumpf, du hast vergessen mich anzurufen zur vereinbarten Zeit, hast vielleicht noch getan, was nicht aufschiebbar war, was auch immer, warst in einem Gespräch, mit wem auch immer, oder hast einen Film gesehen, welchen auch immer, und rufst mich dann an und bist ungeduldig, weil du mich nicht sofort erreichst, und wenn wir uns hören, bin ich nicht böse, weiß nur nicht mehr, wie reden, was sagen, dann sagst du, wie du mich brauchst, wie sehr, wie du mich liebst, wie anders alles ist mit mir, möchtest, dass sich dein Leben ändert, von allein, möchtest, dass es einfach passiert, oder ich es dir umkremple, ich dir sag, wie tun und entscheiden, das geht nicht, hab selbst ein Leben, meins
Ich mache alles, was du willst!, sagst du, dann ist alles gut, sei doch mutig, zum Risiko bereit!, aber ich kann nicht, weiß nicht, wie und was das ist: mutig, risikobereit, bin ein einziger Mangel, brauche dich stark, und du brauchst mich stark, aber wir zittern und schwächeln und flüchten uns in die Körper in den wenigen Momenten, die wir haben, dann müssen wir nicht reden,
ich erinnere mich, hab meine Jacke bei dir liegengelassen und beim Weggehen um deinen Pullover gebeten, es ist kalt, hab ich gesagt, ich hätte den Weg auch ohne Pullover geschafft, mochte die Vorstellung, etwas von dir zu haben, deinen Geruch, die Erinnerung an deine Gesten, dein Lächeln und wie du mich anschaust, war abends zu dir gekommen, durch das tobende Gewitter getaucht, tropfnass vor dir gestanden, du hast mich umarmt, mich befreit von den Kleidern dich auch, ich solidarisiere mich mit dir, hast du gesagt, und mich zum Lager getragen, mich gewärmt bis ich getrocknet war, wir haben miteinander geschlafen, glühend, und sind umschlungen eingeschlafen, ich träumte, dass wir eng umschlungen wach sind und einander ansehen, dass du lächelst, […]

(S. 25 – 27)

Leseprobe 2

Du wirst keinen Namen tragen, aber ein Gesicht, wir tragen einander unsere Gesichter vor, du bist der, den ich liebte, du bist der, den ich morgen suche und fürchte, du bist meine Mutter, du hältst mich, du bist mein Bruder, der eine oder der andere, oder keiner, ich hab keinen Bruder, und du, du bist mein Kind, weißt du? Erkennst du dich?, erinnerst du dich? Ich erinnere mich, sagen wir es ist heute, sagen wir, das alles könnte ein einziger Tag sein, und nicht nur das, sagen wir, in einem Tag hätte noch viel mehr Platz, klatsche den Rhythmus mit, klatsche bei unseren Worten den Rhythmus mit, es ist ein guter Rhythmus, mehr nicht, der Rhythmus der Worte, das bist du das bin ich und das ist der Ort, an dem wir wohnen oder den wir verlieren du zu dem wir nicht zurückfinden, und: es gibt keine Geschichte, je wahrhafter man glaubt zu sein, desto konsequenter lebt man die eigene Erfindung, ich möchte keine Geschichte erzählen, möchte gar nichts erzählen, nichts sagen, nur manchmal mit den Händen oder dem Körper oder nur mit dem Blick ein Bild malen, einen Moment, und den dann hinstellen ohne Erklärung, und abwarten, ob ich mich erkenne, ob du dich erkennst, sag mir, wenn du dich erkennst.

(S. 97 – 98)


© 2019 Müry Salzmann, Salzburg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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