Herr Kuka hatte recht. Uns Ostler faszinieren Dinge, die nicht in den Reiseführern stehen. Als unser Bus zwei Stunden später in Wien einfuhr, stach mir als erstes die Sauberkeit ins Auge. Dabei bin ich kein Sauberkeitsfanatiker wie meine Mutter, die jedem neuen Besen einen menschlichen Namen gibt, aber auf der Straße lag nichts, nicht einmal ein zufällig fallen gelassenes Papiertaschentuch. Als wäre gerade vor einem Moment ein riesiger Staubsauger vorbeigefahren und hätte alles, was nicht niet- und nagelfest war, in sich aufgesaugt.
Als nächstes fielen mit die Bäume auf, die entlang der Straße wuchsen. Sie waren gerade wie Laternen, und um jeden Baum herum war im Asphalt fein säuberlich ein Quadrat ausgeschnitten, in dem Erde und Dünger lagen, damit sich der Baum fühlte, als sei er im Wald. Daß aber diese Bäume nie einen Wald gesehen hatten, merkte man allein an ihren Ästen. Sie standen im rechten Winkel vom Stamm, was so ungefähr jedem Naturgesetz widersprach. Dafür aber fügten sie sich ideal in die allgemeine Symmetiie der Häuser, Schilder und Litfaßsäulen. (S. 37)
© 1999, Piper, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.