logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   
Facebook Literaturhaus Wien Instagram Literaturhaus Wien

FÖRDERGEBER

Bundeskanzleramt

Wien Kultur

PARTNER/INNEN

Netzwerk Literaturhaeuser

mitSprache

arte Kulturpartner

Incentives

Bindewerk

kopfgrafik mitte

Jani Oswald: Frakturen. Gedichte.

Klagenfurt/Celovec: Drava Verlag Založba 2007.
88 S., Leinen geb. mit Audio-CD, Euro 19,80.
ISBN: 978-3-845435-511-3.

Link zur Leseprobe

Mit diversen Etiketten ließe sich diese Dichtung versehen: Experimentelle oder konkrete Poesie wäre als Gattungsbezeichnung tauglich, würde aber diesem hintergründig sinnlichen Sprach- und Lautspiel nicht gerecht werden. Denn Oswalds Poetik erweist sich als komplexer. Dem programmatischen Titel folgend, verbiegt und verdreht der Dichter sein Wortmaterial, zerlegt es und setzt es wieder zusammen, um unversehens neue Bedeutungen und Zusammenhänge zu erzeugen, gleichsam als ob sich Sinn letztlich nur dynamisch erfahren ließe (ach Derrida!). So wird die "Pro C-Dur" auf ihre ursprüngliche "Prozedur" zurückgeführt, der "August Wien" einmal als "Liebe im August" und dann als "Lieber Augustin" paraphrasiert oder der "ČuÅ¡" zum gängigeren "Tschusch[en]", der schließlich "tschüss" sagt und verschwindet. Da werden Zeilen verrückt, schweigende weiße Flecken im Satzspiegel geschaffen und parallel zum rechten Seitenrand eine von unten nach oben laufende Widmung platziert.

Die Wandelbarkeit dieser höchst imaginativen Sprachkunst übertrumpft sich stets aufs Neue, scheint uferlos und überrascht den verblüfften Leser mit poetisch-polyglotten Intarsien. Oswald findet nämlich nichts dabei, in seinen Gedichten Hochdeutsch mit Kärntner Regiolekt, Slowenisch, Italienisch und Englisch zu einem neuartigen lyrischen Esperanto zu vermischen, das kosmopolitischer und provinzieller nicht sein könnte.

Aber wer keine Freude am Fremden und am Verschieben linguistischer und ästhetischer Grenzen hat, der wird dieser unbeschwert lasziven Lyrik des Jani Oswald und der sich darin verbreitenden würzigen Landluft nichts abgewinnen zu vermögen. Ja, ein solcher Leser – und namentlich Nichtkärntner – wird selbst bei der Degustation der auf beigeschlossener Hör-CD präsentierten "Buhštabenzupe" bodenständigerer Kost nachtrauern. Und das ist grundfalsch, denn gerade durch die Rezitation wird die Rhythmik dieser Verse offenbar, verwandeln sich hölzern anmutende slawische Konsonanten in ansprechenden Wortklang, wobei die instrumentelle Untermalung ein Übriges tut.

Hinter all dem formalen Bemühen verbergen sich freilich auch ernste Themen. Nicht zu übersehen sind etwa die subtilen Angriffe auf die globalisierte Digitalwelt und ihren unerträglichen Neusprech sowie die obligaten Fragen nach Herkunft und Zugehörigkeit. Grund genug also, in den Frakturen einen elegischen Ton zu erwarten. Aber Oswalds vortreffliche Verse sind selbst wenn sie anklagen noch heiter und haben sich einem philosophischen Lachprogramm verschrieben, dessen Quintessenz sich im Kochrezept kulinarisch-genialisch präsentiert: "Betrachte das Leben / als versalzenen /Hartweizengrieß/ Biedermeierterrine / zum bösen Spiel / lacht." Womit alles gesagt wäre.
(PS: Slowenisch als "weltšpraha" wird wohl weiterhin auf der Warteliste bleiben.)

Walter Wagner
28. November 2007

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

 

Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Junge LiteraturhausWerkstatt - online

Mi, 13.01.2021, 18.00–20.00 Uhr online-Schreibwerkstatt für 14- bis 20-Jährige Du schreibst und...

Grenzenlos? (Literaturedition Niederösterreich, 2020) - online

Do, 14.01.2021, 19.00 Uhr Buchpräsentation mit Lesungen Die Veranstaltung kann über den Live...

Ausstellung
Claudia Bitter – Die Sprache der Dinge

14.09.2020 bis 25.02.2021 Seit rund 15 Jahren ist die Autorin Claudia Bitter auch bildnerisch...

Tipp
LITERATUR FINDET STATT

Eigentlich hätte der jährlich erscheinende Katalog "DIE LITERATUR der österreichischen Kunst-,...

OUT NOW flugschrift Nr. 33 von GERHARD RÜHM

Die neue Ausgabe der flugschrift des in Wien geborenen Schriftstellers, Komponisten und bildenden...