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Leseprobe: Rüdiger Opelt - "Ohne Schmerzen."

Nun endlich begann der alte Makord, hysterisch zu kreischen. Der Sohn hatte den Vater endlich so weit gebracht. Fast schämte er sich dafür, und doch frohlockte er innerlich. Der Vater war wieder ganz der Alte. Dr. Albert Makord war in seiner Ehre gekränkt worden, und das vertrug er nun einmal schlecht: "Du missratene Brut, du mit deinen fixen Ideen, dass alle Kriegsteilnehmer Verbrecher sind. Was haben wir denn getan? Die Heimat verteidigt, Frau und Kind vor den Russen geschützt. Du wärst nicht auf der Welt, wenn wir nicht unser Leben riskiert hätten. Ein Leben lang habe ich hart gearbeitet, damit du es einmal besser hast und das ist jetzt der Dank. Pfui Teufel."
Fast hätte es der Alte geschafft, dass Mitleid und Schuldgefühle vom Sohn Besitz ergriffen. Aber die sadistische Wut und der heilige Zorn waren schneller. Diesmal hatte er den Alten an der Angel, Makord spürte es. Diesmal würde er ihn aus der Reserve locken.
"Während des Krieges hattest du noch gar keine Frau und kein Kind, die du hättest verteidigen können, du hattest nur deine Karriere im Schädel. Und für die Karriere musste man damals ein Nazi sein, anders ging es nicht. Wenn schon nicht aus Überzeugung, dann wenigstens mit Parteibuch, jetzt gib es doch schon zu."
"Warst du vielleicht dabei, hast du diese Zeit vielleicht miterlebt, du Doktor Neunmalklug? Weißt du vielleicht, was es heißt, in einer Diktatur die eigene Haut zu retten? Hätten wir vielleicht aufstehen sollen und Hitler erschießen, wie? Das haben viele versucht und die waren schneller tot, als sie schauen konnten. Für diese Art von Heldentum bin ich nicht geboren und du schon gar nicht."
Rafael Makord wurde unsicher. Nein, ihm wäre es auch nicht leichter gefallen. Auch er wäre ein Mitläufer gewesen, zu feig, die eigene Haut zu riskieren. Auch mit einem feigen Mitläufer als Väter hätte er leben können. Aber Makord spürte, dass der Vater noch immer log.
"Schön, vielleicht hast du keine Kriegsverbrechen begangen. Die Verbrechen der Wehrmacht hat es ja nie gegeben, das eigentliche Verbrechen ist, dass man darüber heute Ausstellungen macht, die alle erstunken und erlogen sind, wie ihr uns weismachen wollt. Als die Wehrmachtsausstellung in Salzburg gezeigt wurde, hat ein SS-Kollege von dir zeitgleich eine Ausstellung von armen Landsern gezeigt, welche die eigentlich Misshandelten waren. So seht ihr das halt, ich kann dir nicht beweisen, dass es anders war.
Aber da bleibt noch etwas anderes, nämlich die Kollaboration der Medizin mit den Nazis. Du musst dich als Arzt doch sehr wohl gefühlt haben in dem damaligen Umfeld. Hitler hat den Organmedizinern doch Tür und Tor geöffnet. Nur die Psychologen hat er verjagt und ermordet, denn die waren alle Juden. Drum bin ich ja ein Pfahl in deinem Fleisch, weil Psychoanalyse so etwas absolut Unarisches ist, nicht wahr? Und drum bin ich auch Psychoanalytiker geworden, weil ich einfach wissen muss, was euer Unbewusstes daran so reizt [...]"
(S. 78f)

©2005, Czernin Verlag, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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