die stadt scheint heute mehr als zusammenhang von ausschluss-systemen beschreibbar und erlebbar zu sein denn als zusammenhang des sozial heterogenen, wie traditionell, besonders im europäischen kontext, gerne beschworen wird. der feinsinnige großstadtmensch zu beginn des zwanzigsten jahrhunderts, wie ihn der kulturphilosoph georg simmel als prototyp moderner stadterfahrung beschrieben hat, ein zur distanznahme fähiger und die verfeinerung seiner sinne in einer kultur der kälte erlebender, wurde abgelöst von der postfordistischen doppelfigur des touristen und illegalen migranten. kaum noch erinnern wir uns an den sinnspruch "stadtluft macht frei!", der zu beginn des 20. jahrhunderts von "stadt, das ist der ort, wo fremde wohnen" überschrieben und seit den 80ern unter zahlreichen "das boot ist voll!"-rufen vollends begraben wurde. doch das wissen, wie dieses boot aussieht, das wir anscheinend zu steuern haben, wird meist vorausgesetzt. (S. 12)
© 2006, Literaturverlag Droschl, Graz - Wien.