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Leseprobe: Lenka Reinerová - "Alle Farben der Sonne und der Nacht."

Sie versuchten mir hartnäckig einzureden, ich stände allein und von allen verlassen gegen einen gigantischen Apparat, der alles weiß und alles vermag. Der hat mich hierher gebracht und eingesperrt, der verbindet mir die Augen mit einem scheußlichen Fetzen, wenn man mich aus der Zelle holt, der droht mir, schreit mich an, darf alles ...
Ich biß die Zähne zusammen und schwieg. Das war meine Waffe. Denn in mich gekehrt, war ich nicht allein, mein ganzes bisheriges Leben war mit mir, meine liebsten Mitmenschen, auch die toten unter ihnen. Die vielleicht am meisten.
Zu Hause, ganz in der Nähe und doch unermeßlich weit, lebten mein Mann und mein Kind. Nur selten gestattete ich mir, in Gedanken bei ihnen, mit ihnen zu sein. Das war so schmerzhaft und unausweichlich mit der Frage verbunden, wie lange die grausame Trennung noch dauern werde, daß ich es einfach nicht ertragen konnte. Mir schwindelte, meine Hände begannen zu zittern, ich mußte einen Schrei unterdrücken. Wenn ich mir das Zu-Bett-Gehen meines kleinen Mädchens vorstellte, wurde mir schwarz vor den Augen. Wie konnte man mir, wie konnte man uns so etwas antun?
Die Farben der Nacht.
Dennoch. Stunde um Stunde, Tag für Tag und Nacht für Nacht durchrang ich mich zurück zur Gewißheit der Zugehörigkeit in der Gemeinschaft der Menschen. Diese zerbrechliche Sicherheit wurde von denen, in deren Hände ich geraten war, immer wieder boshaft zerschunden, Nacht für Nacht und Tag für Tag. Mit Lügen und Grobheiten, mit List und Gewalt und einem endlosen Schwall haßerfüllter Worte.
Eine Pein ließ sich jedoch nie unterdrücken, sie war allgegenwärtig, ich konnte sie einfach nicht von mir weisen. Das war die Frage, wieso ein derartiges Verbrechen überhaupt möglich war und dazu noch unter Vortäuschung der Ideale, die zahllose Männer und Frauen auf der ganzen Welt, und so auch ich, mit der Möglichkeit eines menschenwürdigeren Daseins verknüpft hatten. Wo war der Fehler oder Irrtum? Was war da bloß geschehen?

(S. 28f.)

© 2003, Aufbau, Berlin.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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