Fragment
Er lief mit seiner Fackel die Straße hinab. Es war dunkel und der Wind pfiff um die Ecken. Aus einem kaum erleuchteten Wirtshaus traten vier Männer wortlos auf die Straße. Hinter ihnen wurde eine Frau durch die Schwingtüren ins Freie gestoßen und stürzte die Stufen hinab, die zum Eingang hinaufführten. Aus einem Fenster im obersten Stockwerk eines Hauses drang Lärm. Es klang, als würde man leere Dosen mit einem Hammer zerstampfen. Die Straße fiel leicht ab. Papierfetzen und Staub flogen an ihm vorbei. Seine Fackel bestand aus einem etwa zolldicken Holzstab und oben aus mit Harz und Fett durchtränkten, brennenden Lappen. Er hörte das Dröhnen eines Flugzeuges, das über der Stadt dahinflog. An einer Ecke begegnete er einem Mann, der einen Apfel aß. Es mochte auch eine Birne gewesen sein, er hätte es nicht beschwören können, aber er glaubte, einen Apfel in der Hand des Mannes gesehen zu haben. Die Dunkelheit war nicht vollkommen. Die Schatten der Häuser zeichneten sich als noch Dunkleres im Dunklen ab. In vollem Lauf, wie er war, hätte er beinahe ein mit einem Reifen spielendes Kind niedergestoßen. Er achtete nicht weiter auf die Schreie des Kindes, wie er auch auf das Gebell der Hunde nicht achtete, die in Rudeln zu viert oder fünft herumstreunten. Ihre Augen leuchteten, wenn sie zufällig vom Licht seiner Fackel gestreift wurden, grün.
GEHT HEIM!, rief er ihnen zu, GEHT HEIM! Aus einem Schornstein, der sich als dunkle Säule vom Umriß der Stadt abzeichnete, stieg roter Feuerschein auf. Die Häuserfronten bildeten schwarze, sich perspektivisch verkürzende Flächen. Kein Mensch war an einem der Fenster zu sehen. Ein Automobil kreuzte seinen Weg. Als er den kleinen Platz erreichte, in den die Straße mündete, sah er, daß man die Bäume, die dort einen kleinen Park gebildet hatten, in Brand gesteckt hatte. Das Feuer leuchtete die Hausmauern bis in ihre feinsten Unebenheiten hinein aus. ROTE ROSEN stand in breiter Schrift quer über das Fenster eines Blumengeschäftes. Mitten in der kreisförmigen Rasenfläche des Parks lag ein Mann mit versengten Kleidern. Ob er betrunken oder tot war, konnte er im Vorbeilaufen nicht erkennen. Die Hitze des Brandes ließ die Fensterscheiben der nahen Häuser zerbersten. Ein Mensch, den er vorher nicht bemerkt hatte und der ihn von der Seite her angesprungen war, versuchte ihm die Fackel zu entreißen. Er schlug ihm, schneller als jener zupacken konnte, mit der brennenden Spitze ins Gesicht und war, als sein Angreifer stürzend einen furchtbaren Schrei ausstieß, schon über ihn hinweg. (S. 7f)
© 2002, Sonderzahl Verlag, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.